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Ökologische Preise?

Was ist eigentlich Marktwirtschaft? (7. Teil)  ■  1*1 der Marktwirtschaft

Analog zur „sozialen Marktwirtschaft“ gibt es die Idee einer „ökologischen Marktwirtschaft“. Zwei Problembereiche stehen dabei im Vordergrund: Erstens die Tatsache, daß ökologische Zusammenhänge im Prozeß der freien Preisbildung ignoriert werden. Auf der Basis der Marktpreise treffen Unternehmen und Konsumenten deshalb ökologisch unsinnige oder schädliche Kaufentscheidungen. Zweitens das Problem der „externen Kosten“. Sie treten dort auf, wo Natur im Produktionsprozeß benutzt oder verbraucht wird, ohne daß dem Unternehmen dadurch Kosten entstehen, weil diese Teile der Natur (noch) nicht als Waren gehandelt werden, zum Beispiel Luft oder Flußwasser. Die entstehenden Kosten, zum Beispiel Krankheiten wegen verschmutzter Luft, werden nicht vom Verursacher, sondern von der Gesellschaft getragen.

Ökologisch in diesem Sinne wäre eine Marktwirtschaft dann, wenn es gelänge, die Preisstruktur den ökologischen Erfordernissen anzupassen und die externen Kosten nach dem Verursacherprinzip zu „internalisieren“. Dabei ergibt sich jedoch eine Reihe von Problemen. Die Natur hat keinen „eigenen“ Preis, da sie nicht als Ware produziert wurde. Versuche, ihren Wert in Geldgrößen auszudrücken, sind immer willkürlich, eine „ökologische“ Preisstruktur gibt es nicht. Änderungen der Preisstruktur können sich nur daran orientieren, akute ökologische Gefahren abzuwenden. Die Marktwirtschaft wird dadurch nicht ökologisch, sondern bestenfalls „ökologisch verträglich“ gemacht.

Doch auch solche begrenzten Eingriffe in die Preisstruktur müssen gegen den Mechanismus der freien Preisbildung, also gegen die marktwirtschaftliche Logik durchgesetzt werden. Der Staat muß sich dabei nicht nur über Interessen von Unternehmern, sondern auch über die von Konsumenten hinwegsetzen, wenn er etwa Produkte verteuert, um ihren Konsum einzuschränken.

Selbst wenn diese Probleme gemeistert werden, wenn sich die Gesellschaft über marktkonforme Interessen von Unternehmen und Konsumenten hinwegsetzt, wenn sie Kapitalflucht in weniger ökologisch orientierte Länder in Kauf nimmt, um ihre natürlichen Lebensgrundlagen zu retten, haben solche Konzepte eine grundlegende Schwäche: Sie können die Ökologie nur als Zwang gegen die Logik der bestehenden Wirtschaftsweise durchsetzen - also durch Ge- und Verbote und eine starke Reglementierung des wirtschaftlichen Lebens.

Gabriela Simon

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