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Senat stellt Weichen für Stelzenautobahn

■ Heute soll Bau einer neuen Autobahn durch die Neustadt beschlossen werden / Sorge des Senats: Zahlt Bonn?

Nach eineinhalb Jahren des Zuwartens will der Bremer Senat jetzt Nägel mit Köpfen machen, und das Progamm, das beschlos

sen werden soll, verdient die Überschrift Beton 2.000. Nachdem sich der Bausenator in der vergangenen Woche auf einen

Daimler-Tunnel durch Hemelingen festgelegt hat, soll der Senat heute die Weichen für eine neue Autobahn am Rande der Neustadt stellen. Wenn die vertrauliche Vorlage aus dem Haus des Bausenators die Zustimmung seiner KollegInnen findet, kann das wohl größte innerstädtische Straßenbauvorhaben aller Zeiten in die Tat umgesetzt werden. Hintergrund der plötzlichen Eile: Angesichts der anstehenden deutschen Einheit werden künftig auch die Bundesmittel für Straßenneubauten neu verteilt werden. Autobahnen um Leipzig, Dresden und Rostock herum könnten dann mit wesentlich höherer Priorität ausgestattet werden, als noch eine Autobahn durch Bremen.

Mit dem, was heute beschlossen werden soll, werden die Grundlagen für die Verkehrsplanung am Rande der Neustadt aus dem Boden auf Stelzen gestellt. Denn ursprünglich sollte die Neuenlanderstraße untertunnelt und dieser dann am Flughafen vorbei bis zur Autobahnabfahrt Brinkum geführt werden. Diese Lösung wird nun offiziell verworfen. Gründe: Erstens wäre eine solche Lösung unter 800 Millionen Mark kaum zu haben und zweitens wäre noch ein langer Planungsvorlauf erforderlich. Doch das Bundesverkehrsministerium (BMV), das die neue Autobahn finanzieren

soll, drängt zur Eile. „Bei Aufnahme der Gespräche Anfang 1990“, heißt es in der Senatsvorlage, „zeigte der BMV jedoch wenig Neigung, den Intentionen und Argumenten Bremens zu folgen, und zwar aus Gründen der seines Erachtens bestehenden Planungsunsicherheit.“

Dabei hatte der Bausenator dem Bund bereits eine andere, schnellere und kostengünstigere Lösung präsentiert, im Behördendeutsch Variante A, im Volksmund Autobahn auf Stelzen (vgl. Skizze). Diese Trasse soll am Flughafen entlang als Hochstraße gebaut und am Ende des ersten Bauabschnitts (in etwa beim Großmarkt) wieder auf die Neuenlanderstaße geführt werden. Der zweite Bauabschnitt sieht vor, die Autobahn am Rande des Flughafens unterirdisch zu führen und dann schließlich über niedersächsisches Gebiet an die Autobahnabfahrt Brinkum. Bedingung des Bundes für eine Finanzierung: Der Bau dieses zweiten Abschnitts soll spätestens 1995 beginnen.

Mit der Senatsentscheidung will der Bausenator offensichtlich den Verhandlungsspielraum gegenüber Bonn erweitern, denn daß der Baubeginn für den 2. Bauabschnitt in 1995 unrealistisch ist, wird in der Senatsvorlage selbst beschrieben. Da für diesen Teil der Autobahn ein zeitauf wendiges Abstimmungsver fahren mit Niedersachsen notwendig ist, sei selbst „bei unverzüglichem Planungsbeginn ein Baubeginn nicht vor dem Jahr 1999 denkbar.“ Dann soll der erste Bauabschnitt bereits fertiggestellt sein.

Neben der unsicherer werdenden Finanzierung treibt den Bausenator auch die SPD-Straßenbaulobby zur Eile. Die Verkehrskommission der SPD hatte sich unter Leitung von Ludwig Hettling für eine solche Lösung stark gemacht. Auch nachdem Hettling wegen der von ihm vertretenen Baupolitik nicht wieder in den Landesvorstand gewählt wurde, darf er in der SPD-Kommission weiterarbeiten. Sein designierter Nachfolger als Chef der Kommission, der Neustädter OV -Vorsitzende Kahrs, ist mit der neuen Autobahn auf Stelzen einverstanden, ebenso SPD-Fraktionsvize und Kommissionsmitglied Reinhard Barsuhn.

Diejenigen in der SPD, die ein solches Bauwerk für überflüssig halten und stattdessen die Pendler, die täglich mit ihren Wagen die Neuenlander Straße verstopfen, in Bahnen und Busse bringen wollen, halten sich mit lauter öffentlicher Kritik noch zurück. Ihre Hoffnung: Das Projekt wird wegen fehlender Millionen aus dem Bundeshaushalt letztlich doch noch begraben.

hbk

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