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Altlast der rumänischen Regierung

Nach den Wahlen trauen sich Polizisten und Securisten wieder offen aufzutreten  ■  Von William Totok

Auch nachdem in Rumänien die große Mehrheit der Bevölkerung für Iliescu stimmte, geht die Diskussion über den Weg zur Demokratisierung unvermindert weiter. Immer noch versammeln sich Hunderte von DemonstrantInnen vor der Universität in Bukarest, einige Dutzend Protestierende befinden sich nach wie vor im Hungerstreik. Die Opposition möchte trotz des für sie negativen Wahlergebnisses nicht aufgeben: In einem Interview mit der Zeitung 'Romania Libera‘ wiederholte die bekannte Bürgerrechtlerin Doina Cornea am Wochenende die in Rumänien inzwischen breit diskutierte Theorie, die Revolution vom Dezember 1989 sei von einer Putschistengruppe usurpiert worden. Iliescu sei mit Hilfe von Teilen des Staatsapparates, des sowjetischen Geheimdienstes KGB und anderen „illegitimen Kräften“ an die Macht gekommen.

Die Frage der Legitimität der Macht ist allerdings durch die Wahlen entschieden worden. Der Eindruck der Opposition jedoch, auch im nachrevolutionären Rumänien gebe es eine Kontinuität der alten Mächte, ist keineswegs widerlegt. Viele Entscheidungen der neuen Macht weisen darauf hin. Ist es denn wirklich kein Zeichen, fragen sich viele, wenn die Strafverfahren gegen Sohn Nicu Ceausescu und Bruder Nicolae -Andruta Ceausescu, wie letzte Woche geschehen, erneut aufgeschoben wurden? Das Skandalöse der beiden Prozesse liege eigentlich darin, daß die Ankage sich ausschließlich auf die Verbrechen der beiden am 22. Dezember letzten Jahres, also auf den Tag der Revolution in Bukarest und Sibiu bezieht. Die Verbrechen während der Diktatur werden in den Prozessen nicht berührt. Ist das eine Freisprechung aller jener, die die Diktatur mittrugen?

Vielleicht deshalb wagen es wieder einige der altbekannten Gestalten, aber auch die „Ordnungskräfte“, zunehmend wieder offen und offensiv aufzutreten. Kurz nach dem Sturz Ceausescus dagegen war sogar die vorher überall sichtbare Miliz aus dem Straßenbild verschwunden. Die Übergangsregierung bemühte sich anfänglich sogar um äußerliche Veränderungen, die Milizionäre wurden in Polizisten umgewandelt und in neue Uniformen gesteckt. Die gefürchtete Geheimpolizei Securitate sollte nach dem Sturz Ceausescus sogar ganz aufgelöst werden - tatsächlich wurde ihr ausgedünnter Apparat der Armee unterstellt.

Eine Temeswarer Bürgerinitiative versuchte sogar, an die Dossiers und Listen der Informanten heranzukommen. Es trat aber ein, was die Oppositionellen befürchtet hatten: Die Regierung gab kurz vor den Wahlen die Gründung eines neuen Geheimdienstes - des Rumänischen Informationsdienstes bekannt.

Nicht nur seit diesem Zeitpunkt beklagen sich manche Oppositionelle über anonyme Drohungen, die an die alten Methoden erinnern. Der aus dem Exil zurückgekehrte Bürgerrechtler Doru Braia wurde schon im März aus Rumänien ausgewiesen, von Männern in Zivil geschlagen und mit Gewalt in ein Flugzeug Richtung Westen verfrachtet.

Als sich in der Wahlnacht Iliescus Sieg abzeichnete, tauchten im Wahlbüro in Temeswar nicht nur ein Vertreter der Kriminalpolizei auf, sondern auch der Chef des Abwehrdienstes, Oberstleutnant Bot, um einen Computer zu beschlagnahmen, den eine Bürgerinitiative als Sicherung gegen Wahlfälschungen bereitgestellt hatte. VertreterInnen der ehemaligen Parteinomenklatura, wie die in der Ceausescu -Zeit als Vorsitzende des Temeswarer Rates für Kultur und Sozialistische Erziehung amtierende Augusta Anca, wollte sogar der Presse, unter ihnen die Reporter der taz, den Zutritt zu dem Wahlzentrum verbieten.

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