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STADT DER KÜNSTLER

 ■ K L E I N E R G R E N Z V E R K E H R 6

Vielleicht liegt es daran, daß ganz Berlin über einen längeren Zeitraum hinweg geschlossene Anstalt gewesen ist, mit welch erfrischender Offenheit sich viele dort bewegen, ohne die lähmende Angst, eingewiesen zu werden, wohin auch immer, ohne das Damoklesschwert, kuriert zu werden, wozu auch immer; man steht zum Fragment und bleibt sich treu. Wie auch immer. Das Tröstliche am speckigen Bauch dieses Torsos: In Berlin kann man die Sau, die es erzeugt, auch gleich wieder herauslassen. Aller Esoterik fern. Schrappnellstimmen. Das macht die Gemütlichkeit erträglich. Keine Kerzen - wenn es nicht unbedingt sein muß. An der Kasse steht er, der Trunkenbold, herrlich angeheitert, weil es für Katzenjammer zu früh ist, und schraubt sich empor. Um diese Zeit sind Trinker noch Künstler. „Hallo, schöne Dame dort an der Kasse, hallo! Ich bin schon wieder blau! Ja, das sind Neuigkeiten! Gestern war ich hinüber, ja gestern, aber heute früh wollte ich nüchtern werden und habe nur Bier getrunken. Hat es geklappt? Ja hat es geklappt? Nein, es hat nicht geklappt. Es hat nicht sollen sein. Macht das was? Ist das schlimm? Aha: Sie lächeln! Wie lieb! Zwölf Uhr mittags und schon wieder ist der Tag gerettet! Aber jetzt muß ich mich sputen, muß leider mal eben nach hinten, in den Laden, da hat mir einer eine Büchse Bier versprochen. Oh, da ist ja meine Postbotin! Hallo, meine Postbotin! Ihr müßt wissen, das ist eine ganz liebe Frau, meine Postbotin, das ist die netteste Postbotin vom ganzen Bezirk!“

Thomas A. Fritsch

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