Alles „chlor“ im Mainzer Landtag

■ Wie CDU/FDP aus der Chemie ausgestiegen sind / Gut geschlafen ist halb gewonnen!

Freitag nachmittag im Mainzer Landtag. Den Abgeordneten liegt das Stammessen - Matjes-Heringe nach „Hausfrauenart“ noch im Magen. Die CDU zerbricht sich über ihre Führungskrise den Kopf. Die FDP wähnt sich schon im Wochenende. Auch die Grünen wissen noch nicht, was ihnen im nächsten Moment passieren wird. Die letzten Stunden, die letzten Anträge - alles nur noch Formsache!

Da kommt die Reihe an den Grünen-Antrag zur Abfall- und Sondermüllvermeidung. Wer ist dafür? Da passiert es: Mechanisch unaufhaltsam heben die Damen und Herren von CDU und FDP die Hände. Zuerst die vorderen Reihen, dann die die hinteren Ränge. Welch überwältigende Zustimmung! Da beschließen doch CDU und FDP endlich, was wir uns schon immer gewünscht haben: den Ausstieg aus der Chlorchemie, ein Verbot von Cadmium und Schwermetallen in Kunststoffen und die Umstellung auf umweltverträgliche Mehrwegpackungen!

Darf das denn wahr sein? Die Grünen am Ziel? Was war nur in die Abgeordneten gefahren? Hatten ihnen etwa die BASF, Hoechst oder Bayer etwas zuleide getan? Die Grünen trauten ihren Augen kaum. Zurecht. Denn plötzlich fällt einem in der Menge auf, daß die ganze Herde in die falsche Richtung rennt, in den Ausstieg aus dem Industriezeitalter, geradewegs in die Steinzeit.

Kehrt, marsch zurück! Zu spät die Wendeorder, die Würfel waren gefallen. Bleibt für die bedauernswerten Volksvertreter der Regierungsfraktionen nur zu hoffen, daß sie die Anfechtung der Abstimmung nicht versäumen - im nächsten Plenum. Derweil faxten die Grünen - schadenfroh und siegestrunken - dem BASF-Vorstand ein Briefchen: Auf daß der schon mal „die notwendigen Alternativen aus der Schublade ziehen kann“.

jow