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TEMPO! TEMPO!

■ „Filmtest“ - Festival des jungen deutschsprachigen Films im Filmmuseum Potsdam

Früher war der „Filmtest“ in Form von Werkstattagen den alljährlichen Studententagen der Hochschule für Film und Fernsehen vorgeschaltet, jetzt hat man sich mit Hilfe des Verbands für Film- und Fernsehschaffende selbständig gemacht und versteht sich als Werkschau jüngerer Filmemacher des deutschsprachigen Raums. „Jung“ bezeichnet dabei weniger das tatsächliche Alter der AutorInnen, sondern die Tatsache des Debütierens mit ersten, zweiten oder dritten Filmen sowie die Zugehörigkeit zu einer Generation von Filmemachern der Defa, die seit 1982 versucht, „Strukturen aufzubrechen“, alternative Produktionsweisen und Techniken sowie bislang verfemte Genres wie Acht-Millimeter-Produktionen, Dokumentations- und Animationsfilme ins Defa-Universum einzubeziehen. Die Initiativgruppe DaDaEr will mit dem „Filmtest“ dreierlei bewirken: Marketing betreiben für anspruchsvolle Filmprojekte angesichts einer sich kommerzialisierenden Kinolandschaft, Potsdam als Filmstadt mitetablieren, die Nabelschau mit Filmen aus der BRD, der Schweiz und Österreich hintertreiben. Aus diesen Ländern hat man bevorzugt experimentelle Produkte und Produktionsweisen (d.h. auch kommerzielle Initiativen) oder bundesrepublikanische, geförderte Low Budgets eingeladen, um erste Kontakte beispielsweise mit dem Filmbüro Nordrhein -Westfalen oder anderen Verteilern auf Länderebene zu verstärken.

Bindende ästhetische oder thematische Auswahlkriterien gab es dabei allerdings nicht, so wie auch die Gruppe DaDaEr, hinter der sich Filmemacher wie Jörg Foth, Tony Loeser, Dietmar Haiduk verbergen, keine Programmatik der Übereinstimmung, eher eine der Vielfalt und der Abkehr von „vorgestanzter (Defa-) Ästhetik a la Carow u.a.“ formuliert. Statt eine vorgeschriebene Anzahl mittelteurer und mittelmäßiger Filme runterzureißen, will man jetzt erst mal möglichst viele „kleine schnelle“ Filme machen, statt den (für dieses Jahr noch gesicherten) Jahresetat von 3,5 Millionen gleich zu verbraten. Im Unterschied zu den westdeutschen Low Budgets hat die Gruppe nämlich nicht nur Festverträge und Geld, sondern auch ein Studio und möchte ihre professionellen Bedingungen durch effektive Nutzung und Teilhabe von „Fremd„-Regisseuren etc. legitimieren. Nicht zuletzt soll damit bewiesen werden, daß mit den bisherigen Produktionsmitteln ein größeres Potential an Filmen möglich ist. Inwiefern dieser selbstauferlegte Leistungsdruck ein Befreiungsschlag gegen die Schwerfälligkeit des alten Apparats oder zumindest ein Schnitt mit der Schere im Kopf ist, darf während der drei Festivaltage vor der Leinwand, aber auch am „Stammtisch“ im Cafe des Filmmuseums ausgetestet werden.

DoRoh

„Filmtest“ vom 15.-17.6. im Filmmuseum Potsdam. Freitag: 20 Uhr „Der Ring“, Tony Loeser (Defa-Trickfilm), 20.15 Uhr „Architekten“, Peter Kahane (Defa-Spielfilm). Samstag: 11 Uhr „Biologie“, Jörg Foth (Defa-Spielfilm), 14 Uhr Studentenfilme, 16 Uhr Videoprogramme aus BRD und DDR, 20 Uhr „Kein Wort von Einsamkeit“, Bernd Böhlich (DFF), 21.30 Uhr „Schalom, General“, Andreas Gruber (Österreich). Sonntag: 11 Uhr für Kinder: „Schulgespenst“, Rolf Losansky (Defa-Spielfilm), 14 Uhr „Dandy“, Peter Sempel (BRD), 16 Uhr „Die Tänzerin“, Frank Schleinstein (DFF), 16.30 Uhr „Imbiß Spezial“, Thomas Heise (Defa-Dokumentarfilm), 17.15 Uhr „Dreißig Jahre“, Christoph Schaub (Schweiz), 20 Uhr „Offenes Land“, Dietmar Haiduk/Andreas Frowein (BRD/DDR), 21 Uhr „Unsere alten Tage“, Petra Tschörtner (Defa-Dokumentarfilm), 22.30 Uhr „Die Räuber“, Veit El-mer.

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