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Ein Hoffnungsschimmer über den Anden

■ Die Wirtschaft und die Linken in Peru freuen sich über den Wahlsieg Fujimoris / Der designierte Präsident will die Auslandsschulden bezahlen und ernennt einen Ökonomen der „Vereinigten Linken“ zum Chefberater

Berlin (taz/ips/ap) - Wenige Tage nach den peruanischen Präsidentschaftswahlen herrscht in Peru seltene Einmütigkeit zwischen den Linken und Teilen der einheimischen Wirtschaft: Der Wahlsieg des Landwirtschaftsexperten Alberto Fujimori wird als Glücksfall gewertet. Wie immer war es der Dollar -Markt, auf dem sich die Stimmung am schnellsten ablesen ließ. Bereits am Montag nach der Wahl ging die Nachfrage nach Dollars stark zurück, der Preis der US-Währung sackte um zehn Prozent ab. Die Linken begrüßen den Sieg Fujimoris, sie hatten ihn in der Stichwahl gegen den strikt marktwirtschaftlich orientierten Kandidaten Mario Vargas Llosa unterstützt. Und Fujimori scheint das zu honorieren: Wenn die Berichte der peruanischen Presse zutreffen, will er den Ökonomen Guillermo Runciman von der „Vereinigten Linken“ (ausgerechnet!) zum Chefberater für das Schuldenmanagement ernennen.

Auch aus dem benachbarten Ausland kommen hoffnungsfrohe Reaktionen. Ein Abgeordneter der „Vereinigten Linken“ Boliviens sprach gar von neuen Hoffnungen für „alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte“ in Lateinamerika. Tatsächlich könnte Fujimoris Triumph ein Signal sein, das dem Siegeszug der radikalen Marktwirtschaftler in Lateinamerika ein Ende setzt. Denn wenn es eine Erklärung für den Wahlsieg des noch vor wenigen Wochen völlig unbekannten Landwirtschaftsprofessors gibt, dann ist es die Angst der PeruanerInnen vor einer neuen neoliberalen Roßkur - die sozialen Folgen dieser Politik haben sie in den Nachbarländern Argentinien, Brasilien oder Bolivien direkt vor Augen.

Fujimoris wirtschaftspolitische „Prinzipien“ sind vage: Er will Markt und Staat miteinander verbinden, will eine „produktionsorientierte Mentalität“ und neue Technologien fördern. Entscheidend wird sein, ob es ihm gelingt, das mit 22 Milliarden Dollar im Ausland verschuldete und wirtschaftlich völlig ruinierte Land aus dem Teufelskreis von Hyperinflation und rezessiven Anpassungsprogrammen herauszuführen. Und hier liegen auch die Hoffnungen, die sich auf den großen Unbekannten Fujimori richten: Gibt es für die lateinamerikanischen Schuldnerländer noch einen Weg jenseits von IWF-Verelendungsprogrammen und den ebenfalls gescheiterten staatsorientierten Nationalisierungskonzepten? Ein Signal hat Fujimori bereits zwei Tage nach seinem Wahlsieg gesetzt: Die Rückzahlung der Auslandsschulden soll wieder aufgenommen werden. Die Beendigung der finanzpolitischen Isolation Perus soll zu den ersten Maßnahmen zur Sanierung der Wirtschaft gehören. „Wir werden nicht wieder einseitige Schritten unternehmen“, versicherte Fujimori in Richtung auf die ausländischen Gläubiger. Fujimoris Vorgänger, der jetzt noch amtierende Präsident Alan Garcia hatte 1985 den Schuldendienst seines Landes einseitig reduziert, und es sich dadurch mit IWF, Weltbank und privaten Gläubigerbanken gründlich verdorben. Das einseitige Moratorium Garcias war auch als propagandistische Aktion gedacht, dem sich andere Schuldner anschließen sollten. Peru blieb jedoch alleine, wurde vom IWF für „kreditunwürdig“ erklärt und von den Geschäftsbanken mit einer fast hermetischen Kreditsperre bestraft.

Inzwischen ist es auch in der peruanischen Linken kaum noch umstritten, daß die Auslandsschulden - bei den gegebenen internationalen Machtverhältnissen - bedient werden müssen. Der scheidende Präsident Alan Garcia selbst hatte noch im November letzten Jahres ein Abkommen mit dem IWF unterzeichnet und erste Zinszahlungen geleistet. Insofern knüpft Fujimori an seinen Vorgänger an. Das gilt auch für die Richtung des Schuldenmanagements: Ebenso wie Garcia will Fujimori versuchen, einen Teil der Schuldendienstes nicht mit harten Devisen, sondern mit einheimischen Produkten zu bezahlen.

Bei der Wiederbelebung der peruanischen Wirtschaft will sich der designierte Präsident vor allem auf die Kleinunternehmer und den „informellen Sektor“ stützen. Innerhalb eines Jahres sollen in diesem Bereich 700.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Hier wählt Fujimori im Vergleich zu Sozialdemokraten Garcia den entgegengesetzten Weg: Garcia hatte das Bündnis mit der Oligarchie gesucht. Im Gegenzug für Subventionen und steuerliche Vergünstigungen wollte er die mächtigsten Wirtschaftsgruppen Perus zu Investitionen im Land verpflichten. Seine Rechnung ging jedoch nicht auf: Die Gewinne, die er den Unternehmern ermöglichte, landeten im Ausland, die peruanische Wirtschaft wurde durch Spekulation und Kapitalflucht ruiniert.

Wenn sich Fujimori jetzt auf die Kleinunternehmer und die „Informellen“ stützen will, erfüllt er im Grunde eine alte Forderung der Linken an Garcia. Der „informelle Sektor“ besteht aus zahllosen kleinen bis mittleren Handwerks-, Industrie- oder Dienstleistungsbetrieben, die nicht staatlich registriert sind. Der größte Teil dieser Schattenökonomie gedeiht in den städtischen Elendsvierteln. Sie stellt ein gigantisches, enorm kreatives, wenn auch schwer zu handhabendes produktives Potential dar.

Ein anderer Programmpunkt Fujimoris ist die massive Förderung der ländlichen Regionen und die Herausbildung lokaler und regionaler Märkte auf dem Land.

Spannend dürfte in den nächsten Wochen werden, wie der neue Präsident die von ihm angestrebte „Übereinstimmung“ der wichtigsten legalen politischen Kräfte erreichen will, und was er darunter versteht. Wenn die Zeichen nicht trügen, dürften für bevorstehende politische Allianzen vor allem die derzeit noch regierende APRA und die beiden Linksbündnisse infrage kommen.

si

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