: Golf im Landschaftsschutzgebiet
■ Vechta: 100.000 Bäume stehen im Weg / „Welper Wald“ erst 1972 aufgeforstet
Golf spielen entspannt. Doch bis die derzeit rund 150 Mitglieder des Golfclubs Vechta ihre strapazierten Seelen zwischen fairways, green's und rough's kurieren können, wird noch einigen die Hutschnur hoch gehen. Der Grund: Auf einer Gesamtfläche von 120 Hektar entsteht am Stadtrand von Vechta eine 18-Bahnen-Golfanlage. 16 Hektar Wald, das sind nach Schätzungen von Naturschützern umgerechnet 100.000 Bäume, fallen dem feinen Sport zum Opfer. Bulldozer und Schredder fressen sich seit einigen Wochen in den Welper Wald vor, wo einst Vogelgezwitscher und Blumenwiesen Auge und Ohr verwöhnten. Die gestörte Idylle erhitzt die Gemüter im konservativen Südoldenburger Land. Für die EINEN ist das Thema mit der Erteilung der Baugenehmigung erledigt, die ANDEREN klagen mittlerweile vor den Gerichten wegen eklatanter Verstöße gegen Natur und Recht. Die EINEN: Das ist zuerst Maximilian Graf von Merveldt, Herr auf Gut Füchtel und Besitzer der Wald- und Ackerböden, die jetzt
zum Golfplatz umgewandelt werden. Da ist weiter der Doktor Kiene, ein Tierarzt, verheiratet mit einer Schockemöhle, als Geschäftsführer der Golfplatz Welpe GmbH. Die Investment -Gesellschaft, die sich als Zwischenfinanzierungsinstanz versteht, pachtet das Land vom Grafen und verpachtet an den Golfclub. „Das wird eine wunderschöne Sache, auch vom Umweltschutz her“, sagt Kiene. Eine „gewisse Umschichtung“ habe man vorgenommen, nicht mehr: „Wir haben Flächen mit schlechtem Baumbestand in green-ways und sandige Ackerböden in Waldbestand umgewandelt.“ Bei den EINEN nicht zu vergessen: der vormalige Geschäftsführer der Investment GmbH ist jetzt Vorsitzender des Golfclubs und im Hauptberuf Geschäftsführer der Firma Helmus in Vechta, die den Auftrag für alle Straßen- und Wegearbeiten beim Golfplatz bekommen hat.
Die ANDEREN, und hier vor allem die Bürgerinitiative Umweltschutz Vechta, monieren, daß der Welper Wald Landschaftsschutzgebiet war. Der Welper Wald mußte zunächst aus dem Landschaftsschutzplan herausgenommen werden. „Bei einer Abwägung aller Interessen“ seien dem Kreistag in Vechta, „die Landschaftschutzvoraussetzungen weniger wichtig erschie
nen als die künftige Nutzung“, kommentierte Oberkreisdirektor Eisenbart.
Ähnlich rabiat legte die Genehmigungsbehörde auch das Niedersächsische Naturschutzgesetz aus. Ohne Rücksicht auf die Brutzeit planierten die Raupen ungezählte Nester und Gelege von Turmfalken, Schwarzspechten, Waldkäuzen oder Schleiereulen. Vögel, die im Welper Wald beheimatet und auf der roten Liste der aussterbenden Tierarten vertreten sind. Der Golfplatz-GmbH Geschäftsführer: „Das sind Gerüchte von Vogeldieben. Wir kennen Welpe besser als irgendwelche anderen Leute. Wir haben die sogenannten Biotope alle ge
schützt.“
Der gräfliche Wald übrigens, der jetzt gefällt wird, ist noch gar nicht alt. 1972 wurde er nach einem Sturm neu angepflanzt, subventioniert zu achtzig Prozent aus Mitteln der öffentlichen Hand. Doch die kriegt jetzt keinen Pfennig, wenn der Graf das Kleinholz von 100.000 Bäumen verkauft. Zimperlich ist er nicht, der Maximilian von Merfeldt. In manchen Geschäften in Vechta, wo Unterschriftenlisten der Bürgerinitiative gegen das Projekt auslagen, ist der Gutsbesitzer schon selbst aufgetaucht, um anzukündigen, daß er nur noch dort kaufen lasse, wo solche Listen nicht zu sehen sind. Gödeke Michel
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