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Verständnis für die Studis, aber Geld gibt's nicht

Aktuelle Stunde in der Volkskammer befaßte sich mit der Stipendienforderung der StudentInnen / Finanzminister Romberg erklärt, daß die Erhöhung der Stipendien 75 Millionen Mark kostet / Bildungsminister Meyer versprach, die Wohnheimmieten gering zu halten  ■  Aus Berlin Christian Füller

Die seit einer Woche anhaltenden Proteste von Studierenden für die Erhöhung ihres Grundstipendiums gipfelten gestern in einer Aktuellen Stunde der Volkskammer. Die Forderung der StudentInnen auf 495 Mark Grundstipendium erkannten beinahe alle RednerInnen an. Die Haushaltslage ließe dies jedoch nicht zu, so der Tenor in der gestrigen Sitzung. Als Kernprobleme erwiesen sich die Situation studierender Mütter und die Wohnraumversorgung der Studierenden.

Bildungsminister Hans-Joachim Meyer, der am Ende der einstündigen Aktuellen Stunde das Wort ergriff, bemühe sich, die Trägerschaft der Wohnheime für StudentInnen zu klären. Es sei ihm auch „ein großes Anliegen“, die Mieten in den Wohnheimen stabil zu halten. Er bat in beiden Fragen die Kommunen um Mithilfe. Deren bevorstehende Zahlungsunfähigkeit war jedoch zuvor bereits Thema der Fragestunde der gestrigen Sitzung gewesen. Finanzminister Romberg bezeichnete die Situation in den Wohnheimen als „teilweise absolut unbefriedigend“.

Solveig Wegener (PDS) fragte Finanzminister Romberg, wie es mit einer Unterstützung für studierende Mütter stehe. Walter Romberg verwies auf die 60 Mark Zuschuß und gestand ein, daß dies wenig sei. Romberg weiter: „Ich denke, daß auch die Selbsthilfe der Studenten mehr gefragt ist.“

Walter Romberg erläuterte erneut die geplante Stipendienregelung. Danach wird das Grundstipendium auf 280 Mark erhöht. Dazu könnten alle Studierenden gestaffelt weitere Beträge bis 450 Mark erhalten. Eine Erhöhung des Stipendiums auf 495 Mark würde einen zusätzlichen Mehraufwand von 75 Millionen Mark kosten. Rainer Pietsch vom Neuen Forum, der diese Zahl in die Debatte brachte, warnte vor den Auswirkungen, die jobsuchende StudentInnen verursachten. Sie drängten auf einen möglicherweise von Arbeitslosigkeit geprägten Stellenmarkt.

Darauf hatten bereits die Studierenden in einer Erklärung hingewiesen, die Volkskammervizepräsident Reinhard Höppner zu Beginn der Aktuellen Stunde verlas. StudentInnen, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen sollten, müßten mit zu erwartenden Arbeitslosen konkurrieren. Für Studierende mit Familie sei es gar nicht „vorstellbar, wie diese ihre Probleme lösen sollten.“

Der zentrale Punkt ihrer Forderung sei, daß allen studierenden jungen Menschen ein elternunabhängiges Stipendium bezahlt werde. Es solle 495 Mark betragen, die Leistungs- und Sonderstipendien sollten beibehalten werden. Vertreter des Republiksprecherrates zeigten sich enttäuscht nach der Sitzung. Am Donnerstag wird an der Humboldt -Universität die „Konferenz der Studentenräte der DDR“ außerordentlich tagen.

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