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Von Waffenstillstand ist immer nur die Rede

■ Militärischer Vorstoß der Roten Khmer / Annäherung zwischen China und Vietnam könnte auf Isolation der Roten Khmer hinauslaufen

„Die nächsten paar Monate wird weiter gekämpft werden“, gab Prinz Norodom Sihanouk am Ende der Kambodschagespräche vor kurzem in Tokio zu. Solange eine Beteiligung der Roten Khmer nicht erreicht werden könne, sei ein Waffenstillstand oder dauerhafter Frieden in Kambodscha unrealistisch. Er sollte Recht behalten: Die von China unterstützten Guerillas der Roten Khmer wollen am Sonntag nach eigenen Angaben die strategisch wichtige Provinzhauptstadt Kompong Thom eingenommen haben, die zum äußeren Verteidigungsring von Kambodschas Hauptstadt Phom Penh gehört. Auch das Büro von Prinz Norodom Sihanouk hatte die Eroberung am späten Sonntag abend vermeldet. Sollte sich die Nachricht bestätigen, ist dies ein Rückschlag für die Befriedungsbemühungen des von Vietnam gestützten Regierungschefs Hun Sen.

Auch die Tokioer Runde der Kambodschaverhandlungen brachte nicht den Waffenstillstand, auf den die japanische und thailändische Regierung gehofft hatten. Doch immerhin unterzeichneten Hun Sen und Prinz Sihanouk sowie der Chef der rechten Widerstandsfraktion (der KPNLF), Son Sann, ein Abkommen. Darin forderten sie die Einsetzung eines unabhängigen nationalen Gremiums bis Ende Juli, das bis zur Abhaltung von Wahlen als Interims-Regierung fungieren soll.

Das Interessante an dem Dokument war, daß dieses Gremium paritätisch mit Abgeordneten der zwei rivalisierenden Regierungen besetzt werden soll - also nicht mit den vier Khmer-Fraktionen, wie es die Roten Khmer verlangen. Ferner wurde ein „freiwilliger Waffenstillstand“ gefordert.

Mit der Unterzeichnung des Dokuments wurde diplomatisches Neuland begangen: ohne Beteiligung der Roten Khmer war es das erste schweigende Einverständnis, daß diese von der Macht in einem zukünftigen Kambodscha ausgeschlossen werden könnten.

Bedeutsamer noch waren erste öffentliche Anzeichen einer Kluft zwischen den Roten Khmer und ihrer chinesischen Schutzmacht. Als Khieu Samphan, der Führer der Roten Khmer, nicht an den Gesprächen teilnehmen wollte, versuchten die Chinesen vergeblich, ihn umzustimmen. In privaten Gesprächen zeigten sie sich verärgert darüber, daß die Roten Khmer nicht unterzeichnet haben. Und die Kluft mag sich noch vergrößern.

Der chinesische Vizeaußenminister Xu Dunxin ist vergangene Woche nach Hanoi gereist, um dort in perfektem Vietnamesisch die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen anbahnen. Es war der hochrangigste Besuch eines chinesischen Diplomaten seit 1978. Damals hatte der Einmarsch vietnamesischer Truppen in Kambodscha dem von China unterstützten Pol- Pot -Regime ein Ende bereitet und zum Abbruch der chinesisch -vietnamesischen Beziehungen geführt.

Mit wachsendem Grenzhandel hat sich das Verhältnis der asiatischen Nachbarn im Verlauf der vergangenen zwei Jahre zunehmend verbessert und es soll inzwischen Milliarden US -Dollar wert sein. Im Mai entsandte China sogar eine Delegation zu den Geburtstagsfeierlichkeiten für Ho Tschi Minh. Alles in allem ging die Annäherung von Vietnam aus.

Doch die jüngsten diplomatischen Initiativen reflektieren auch einen Gesinnungswandel auf chinesischer Seite und damit den Umschwung der gesamten Außenpolitik, seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung im vergangenen Sommer: Nicht die fünf Einflußsphären Europa, Japan, die Sowjetunion, USA und China konstituieren das gegenwärtig vorherrschende Weltbild der chinesischen Machthaber. China betrachtet sich gerne wieder unter Anführung der überkommenen „Drei Welten Analyse“ als Champion der Dritten Welt.

Aber auch der politische Wandel in der Sowjetunion und Osteuropa zwang die sozialistischen Nachbarn, ihre Feindseligkeiten zu überdenken. Weder Hanoi noch Peking können sich mit der politischen Entwicklung in Osteuropa anfreunden. Bei der verzweifelten Ausschau nach Alliierten bleiben nur die Hardliner-Regimes von Kuba, Nord-Korea und Vietnam.

Diplomaten in Peking rechnen mit der Normalisierung der chinesisch-vietnamesischen Beziehungen und die Beilegung des Kambodscha-Konflikts noch vor Ende dieses Jahres. Das sind günstige Vorzeichen für das Juli-Treffen der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsausschusses der Vereinten Nationen - England, Frankreich, die Sowjetunion, die USA und Frankreich. Bei ihrem Treffen in Paris wollen sie eine Friedenslösung diskutieren, die eine Übergangsregierung, eine neutrale Überprüfung des vietnamesischen Truppenabzugs, Waffenstillstand und Wahlen unter UN-Aufsicht vorsieht.

Klar ist, daß die Roten Khmer ihre Waffen niemals freiwillig niederlegen werden, selbst wenn ihr Mentor China einem Friedensplan zustimmen sollte. Bis eine gemeinsame Strategie zur Enwaffnung der Roten Khmer gefunden ist, wird das Töten in Kambodscha weiter gehen.

Larry Jagan

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