: Wer rollt die Rollis?
■ 12.000 Berliner Behinderte befürchten die Kündigung des Telebus-Betreibers BZA / Im Rahmen der Vereinigung Sozialmittelkürzungen befürchtet
Charlottenburg. Die Behinderten-Liga e.V. und das Arbeitsteam „Telebus-Berechtigte“ wehren sich gegen die geplante Kündigung des derzeitigen Telebus-Betreibers „Berliner Zentralausschuß für soziale Aufgaben e.V.“ (BZA).
Auf der gestern einberufenen Pressekonferenz informierte Horst Ettler von der Behinderten-Liga über die Absicht des Sozialausschusses, die BZA-Telebuszentrale bis Ende des Jahres zu kündigen. Das geht aus einem Schreiben des Senats Mitte Mai an die Adresse der BZA hervor. Die BZA, der sechs Wohlfahrtsverbände angehören, würde laut diesen Planungen ab 1991 nicht mehr für den Transport der Schwerbehinderten im Einsatz sein: „Die Arbeitsgemeinschaft Telebus-Berechtigte, die Behinderten-Liga und die Selbsthilfe und Hilfe Behinderter Berlins sind empört über das skandalöse Vorgehen des Senats, die Telebus-Zentrale beim BZA zu kündigen.“
Ein neues Konzept und konkrete Betreiber, die in Zukunft für die Fahrten zuständig wären, sind den Behinderten nicht bekannt. Wer soll die Fahrten mit den siebzig Telebussen übernehmen? Ein Schreiben der Behinderten-Liga an Senatorin Ingrid Stahmer und den Regierenden Bürgermeister Walter Momper mit Bitte um eine konkrete Stellungnahme blieb unbeantwortet.
Magdalena Glatt, ein Mitglied der im Sozialausschuß tätigen Arbeitsuntergruppe „Mobilität“, fühlt sich als Betroffene hintergangen und in einer unbefriedigenden Alibiposition. Thomas-Peter Gallon, Sprecher des Senats für Soziales, weist indes die Vorüwrfe der Behinderten, nicht genügend in die Planungen einbezogen zu werden, zurück. Das BZA-Telebus -System wird nach seinen Angaben zur Zeit auf kostensparende Maßnahmen getestet. Ein neues Konzept, so Gallon, soll noch im Juni vorgestellt werden.
Das in der Testphase stehende Programm „Berlin-Taxi“, das als eine Art „Anfunk-Taxi“ möglicherweise eingesetzt wird, lehnen die Behinderten jedoch rundweg ab. Dieses Anfunksystem, das die Berechtigten mit bis zu zehn Fahrten im Monat frei nutzen könnten, kann nach Auffassung der Behinderten-Liga den Bedürftigen nicht gerecht werden. „Die BZA-Leute sind ausgebildete Fachkräfte, auf deren Einsatz besonders die Telebus-abhängigen Schwerbehinderten nicht verzichten können“, so Andreas Öchsner vom „Verband der Kriegsopfer, Behinderter und Rentner“. Auch die geplante Einbeziehung von BVG und BVB kann die Ansprüche der Behinderten allerdings nicht zufriedenstellen. Ein Bonner Zuschuß von fünf Millionen DM liegt bis zur Konzeptvorstellung des Senats im Juli vorerst auf Eis.
Die Vertreter der Behinderten befürchten indes, daß sie im Rahmen der deutsch-deutschen Vereinigung und den bevorstehenden Veränderungen Sozialmittelkürzungen entgegensehen werden.
Constanze Schmidt
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