: Ariel Scharons Taschenspieler-Tricks
■ Israels Wohnungsminister will Siedlungsgebiet für Neubürger beschränken / Doch Neue werden schnell zu Alteingesessenen
Tel Aviv (taz) - Sowjetische Juden sollen nach Angaben des israelischen Ministers für Wohnungsbau und die Integration von Einwanderern, Ariel Scharon, „nicht in den besetzten Gebieten des Gazastreifens und der Westbank“ angesiedelt werden. Diese Ankündigung machte der Likud-Hardliner am Sonntag abend gegenüber der offiziösen „Institution zur Finanzierung von Einwanderung“, die dem jüdischen Weltkongreß untersteht.
Damit hat ein Mitglied der neuen israelischen Rechts -Regierung erstmals auf die internationalen Aufforderungen reagiert, jüdische Neueinwanderer aus der Sowjetunion - und nur von diesen war die Rede - nicht in den besetzten Gebieten anzusiedeln. Der israelische Ministerpräsident Izchak Schamir hatte es bisher strikt abgelehnt, in dieser Frage Garantien zu geben. Der sowjetische Präsident Gorbatschow hatte daher während des jüngsten Gipfeltreffens in Washington gedroht, die Auswanderung sowjetischer Juden neu zu überdenken beziehungsweise zu stoppen.
Die Entscheidung Scharons, auf den internationalen Druck zu reagieren, wurde auch vom extrem rechtskonservativen Flügel der Regierung begrüßt. Wissenschaftsminister Yuwal Neemann von der Tehija-Fraktion erklärte dazu, daß die jüdische Besiedlung des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens nach wie vor wichtig sei, doch „sollten der sowjetischen Einwanderung keine Hindernisse in den Weg“ gelegt werden.
Freilich, allzu viel Entgegenkommen mochte Scharon mit dieser scheinbar gewichtigen Geste weder sich noch seinen Kabinettskollegen zumuten. Denn zum einen fehlt jegliche Definition, wie lange ein Einwanderer als „Neueinwanderer“ gilt. Vieles deutet gar darauf hin, daß die Neuankömmlinge bereits nach einem zwei- bis dreimonatigen Hebräischkursus wie alteingesessene Bürger behandelt werden. Und zum anderen hat Scharon Ost-Jerusalem und den Siedlungsgürtel um die Hauptstadt ohnehin nicht in seine trickreiche Ankündigung einbezogen.
Amos Wollin
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