: Hecht auf schweizer Art
Polen bittet zu Tisch ■ F A H R P L A N
Aus Warschau Klaus Bachmann
Daß Ausländer in Polen freiwillig Urlaub machen, ist vielen Polen unverständlich, um so mehr, als die Hotelpreise permanent im Steigen begriffen sind, die Qualität allerdings weniger. Viel Auswahl gibt's also nicht für westliche Urlauber, denn private Hotels sind rar und staatliche meist unerträglich. Deshalb sei hier auch von einem Thema die Rede, das interessanter ist als Hotels und das alle angeht, ganz gleich, ob sie nach Polen kommen, um auf den Spuren ihrer Vorfahren zu pilgern, sich weiterzubilden oder einfach auszuspannen: dem Essen. Daß man in Polen auch gut essen kann, hat sich im Westen noch nicht überall herumgesprochen, die meisten Touristen packen vor der Abfahrt riesige Lebensmittelpakete ein, eingedenk der Schlangen vor den Läden und der Mangelwirtschaft, die es so aber schon seit einiger Zeit nicht mehr gibt. Aufpassen muß man trotzdem, sowohl Bars (das Wort bedeutet auf polnisch schlicht Kantine, es sei denn es ist eine bar nocny, eine Nachtbar) als auch Gaststätten der unteren Kategorien meidet man besser. Mit einer Ausnahme: Die „Bar IV. Kategorie“ von Richard Urban, einem Deutschschlesier in Jemielnica bei Strzelce Opolskie. Dort gehts einfach, aber billig und sehr schmackhaft zur Sache (ein Mittagessen für umgerechnet 1,20 Mark). In den staatlichen Orbis-Hotels zahlt man oft das Zehnfache und erhält dafür z.B. Kartoffeln mit Sand, oder Koteletts mit Knochensplittern (so z. B. Im „Opole“ in Oppeln). In Danzig empfehlen wir besonders alle Arten von Fisch, insbesondere, weil es in Polen zwischen Forelle, Lachs und anderen Fischen praktisch kaum preisliche Unterschiede gibt, Steaks sind manchmal teurer. So auch in der „Taverna“ (ein Mittagessen um die 8-10 Mark), die praktischerweise mitten in der Danziger Altstadt liegt. Direkt gegenüber der Danziger Werft (Tor 2) und dem Denkmal für den Aufstand von 1970 gibt's inzwischen eine private Kellerkneipe mit zwar kleiner, aber schmackhafter Speisekarte mit Hering mit weißem Käse und Lauchsuppe. In Stettin gibt's dagegen den „Chief“, wie die „Taverna“ zwar nicht privat, aber gut, vor allem der phantasievollen Fischgerichte wie Hecht auf schweizerische Art wegen (ein Mittagessen um die 4 DM). In Warschau dagegen gibt es große Auswahl, wir beschränken uns hier auf den „Bazyliszek“ - ebenfalls mitten in der Altstadt (um die 10 DM). In Krakau gibt es hervorragende ungarische Kartoffelpuffer im „Balaton“, das überaus preiswert (ca. 5-6 Mark) aber dafür auch fast immer überfüllt ist. Kulinarische Finessen darf man dafür natürlich nicht erwarten, wohl aber ordentlich zubereitete landesübliche Spezialitäten, vom Barszcz (nicht zu verwechseln mit der russischen Kohlsuppe) über Danziger Schweinebraten (mit Pflaumen), Zurek bis zu Bigos. Sündhaft teure Kneipen für Polens Neureiche haben wir hier absichtlich ausgelassen. Dafür gibt es nun auch keinen Grund mehr, wegen der niedrigen Preise ein schlechtes Gewissen zu bekommen: Sie sind nicht mehr subventioniert, das Bestehen mancher Kneipe hängt inzwischen schlicht davon ab, wieviele Westtouristen sie heimsuchen - die Polen haben dafür kaum noch Geld.
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