: DDR-Röstverfahren sorgt für Wirbel
■ Auf der BremTec demonstriert die Technische Universität Magdeburg das Wirbelschichtverfahren
Matthias Trojosky, Diplom-Ingenieur an der Technischen Universität Magdeburg, steht mit seinem Stand etwas verloren zwischen den glatten Industriedesignburgen der norddeutschen BremTec-Aussteller: Kein Bildschirm, der laufend rätselhafte Graphiken abbildet, kein Roboterarm, der, von Geisterhand gesteuert, mechanische Bewegungen ausführt, kein Modell eines futuristisch anmutenden Weltraumfliegers schmückt den auffällig kleinen Stand des DDR-Technikers.
Trojosky zeigt ein relativ einfaches Verfahren zum Rösten von Kaffeebohnen. Zwei kleine Podeste mit Modellanlagen reichen ihm. Modell 1: Der Ingenieur füllt eine handvoll grüner Kaffeebohnen in eine Charge, eine Art Glaskolben, in den heiße Luft geblasen wird. Die grünen Bohnen werden derart durcheinandergewirbelt, daß sie die physikalischen Eigenschaften von Flüssigkeiten annehmen. „Fluidisieren“ nennt der Ingenieur diesen Vorgang. Durch die heiße Luft werden die Bohnen rundum gleichmäßig braun, je nach gewünschter Dröhnung heller oder dunkler. Die Vorteile gegenüber dem älteren Kontaktröstverfahren, bei denen riesige Trommeltrockner eingesetzt werden, liegen auf der Hand: Die Röstung ist gleichmäßiger und schonender, beim Ablauf des Verfahrens werden keine mechanischen Teile eingesetzt. Das „Wirbelschichtverfahren“ ist ein Patent der TU Magdeburg.
Modell 2: Das gleiche Verfahren bietet die Universität auch zum trocknen von Zucker an. Das Tischmodell am Unistand hat drei Kammern, in denen der Zucker durcheinandergeblasen wird. Das erste Mal mit Heißluft, die übrigen Male mit kalter Luft.
„Wir haben viele solcher Verfahren entwickelt, doch die heimischen Kombinate waren nie flexibel genug, ihre Produktionen entsprechend umzurüsten“, erklärt der Ingenieur das Dilemma der DDR-Forscher. Bevor das Wirbelschichtverfahren in der DDR eingesetzt wurde, war es schon längst über die Grenze verkauft. „Das war schwierig genug“, erinnert sich der Wissenschaftler heute.
Doch mit Rösten und Trocknen allein sind die Möglichkeiten der Wirbelschichttechnik noch nicht erschöpft. Die DDR stellt beispielsweise auch Kartoffelchips mit diesem Verfahren her, die dadurch weniger schädlich sind als
herkömmliche Chips, die in Fett gebacken werden.
Auch beim Granulieren setzen die DDR-Ingenieure heute das Wirbelschichtverfahren ein. Dabei kann beispielsweise eine mit Farbstoff beladene Flüssigkeit über fluidierte Substanzen gesprüht werden, die Flüssigkeit trocknet in der heißen Luft und der Farbstoff setzt sich auf die Partikel der Substanz.
Für die Bremer Kaffeeröster ist das Wirbelschichtverfahren ein alter Hut. Rolf Sauerbier, Unternehmenssprecher bei Jacobs-Su
chard: „Wir wenden diese Technik schon seit 1983 an.“ Das Röstverfahren mit dem heißen Wirbel wird bei Jacobs bei fast allen Mengensortimenten eingesetzt, nur bei Espresso werden die Bohnen noch in einer Trommel trocken geblasen.
Der Magdeburger Ingenieur hofft, daß die Verfahren, die er mit seinen Kollegen in Zukunft an den Hochschulen entwickeln will, industriell besser verwertet werden. Die Bremer Messe soll die ersten Kontakte knüpfen. ma
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