: Reeller DDR-Gesamtkapitalist
Detlev Rohwedder wird Chef der Treuhandanstalt / 8.001 Betriebe sind zu managen ■ P o r t r a i t
Berlin (taz) - Wenn ein bundesdeutscher Manager überraschend interviewt wird, entscheidet er sich entweder für Allgemeinplätze, oder er denkt schnell nach und sagt dann etwas Konkretes. Zur zweiten Sorte gehört Detlev Rohwedder, der Vorstandsvorsitzende des Dortmundes Stahlkonzerns Hoesch.
Anlaß zum Nachdenken und Diskutieren wird er in der kommenden Zeit genug haben: Auf Wunsch von DDR -Ministerpräsident de Maiziere wird er Chef der Treuhandanstalt.
Damit wird er die Einrichtung leiten, die letztlich über die Zukunft aller 8.000 ostdeutschen Staatsbetriebe entscheidet - Schließung, Sanierung oder Privatisierung, und damit die größte Aufgabe, die ein deutscher Unternehmer seit Kriegsende zu lösen hatte. Chef bei Hoesch will er allerdings auch noch bleiben; wie lange er abwechselnd in Dortmund und Ost-Berlin arbeiten will, mochte er gestern noch nicht sagen.
Rohwedder (58) wurde in Gotha geboren, ist gelernter Jurist und hat in den sechziger Jahren einen schnellen Aufstieg in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gemacht. 1969 trat er erst in die SPD ein und wurde unmittelbar danach vom einstigen SPD-Superminister Karl Schiller zum Wirtschaftsstaatssekretär gemacht.
Das blieb er auch unter den nachfolgenden FDP-Ministern, zuständig für Industrie-, Energie- und Außenhandelspolitik, aber auch für die wirtschaftlichen Beziehungen zur DDR.
Ohne Erfahrungen in der Industrie ging er 1979 zu dem damals schwer verschuldeten Hoesch-Konzern. Teils durch das geschickte Lockermachen von Steuergeldern, gelang es ihm, das Unternehmen zu sanieren. Als er anfing, hatte Hoesch 28.000 Beschäftigte; 1987, vor dem Beginn des neuen Stahlbooms, als die erfolgreiche Sanierung im wesentlichen abgeschlossen war, hatte die Belegschaft noch eine Stärke von 14.800 Menschen. Als sozialdemokratischer Unternehmer hat er immer dafür plädiert, Arbeitnehmer frühzeitig über ihre Entlassung zu informieren - damit sie es leichter hätten, das Unvermeidliche zu akzeptieren.
Mit seiner Partei ist Rohwedder, überzeugter Vertreter des Konkurrenzprinzips, ganz unzufrieden. Sie wolle zu sehr in die Wirtschaft eingreifen, kritisiert er, und eine Zeit lang wurden ihm Austrittsgelüste nachgesagt.
Unhaltbar gewordenen industrielle Strukturen müßten auch von der SPD infrage gestellt werden. Für Oskar Lafontaine hegt Rohwedder große Sympathie, aber Wirtschaftsminister würde er unter ihm wohl kaum werden - Rohwedder selbst sagt von sich selbst, er sei der SPD wohl zu konservativ. Und eine rot-grüne Koalition hält er „für völlig indiskutabel“.
diba
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