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Jürgen Sparwasser im Halbzeitstudio

■ Das DDR-Fernsehen sorgt unfreiwillig für spaßige Höhepunkte der WM-Berichterstattung

LACHPARADE IM DEUTSCHEN FERNSEHFUNK

Fußball wird durch Fernsehen erst schön. Und wenn die Fußballer Pause machen, muß man sich etwas besonders Schönes einfallen lassen. Der „Deutsche Fernsehfunk“ hat seit dem Eröffnungsspiel WM-Form erreicht im Buhlen um die Zuschauergunst. Alles beginnt mit der Werbung. Steffi Graf empfiehlt uns neues Schuhwerk. Sie überredet uns mit einem fachkompetenten „Miau“.

Und dann, Leute, dann gibt es endlich die Preise. Wer sechs von elf vorgesagten Antworten richtig mitgeschrieben hat, wird Preiskandidat. Wenn die eingeladene Programmansagerin das Kompliment des Sportmoderators verkraftet hat, das sie ja auch untenrum ganz gut aussieht, darf sie aus der trotzig -großen Loßtrommel (guckt mal, wie viele Leute uns schreiben!) drei Zettelchen herauszupfen. Aber halt, nicht so schnell. Denn vorher muß ja noch zum 34. Mal verkündet werden, das dieser Preis also von der Firma sowieso und dieser tolle Fernseher (natürlich ganz bunt und in Farbe!) von dieser bekannten Firma spendiert wurde. Das wird dann alles gut ins Bild gesetzt und - ach so, dann wären da noch nebenbei diese Gewinner vorgelesen.

Die Spitze des humoristischen Zwischenspiels des DFF erreicht jedoch täglich ein anderer: Der Schütze des bekanntesten Tores des DDR-Fußballs, des 1:0 gegen die BRD in Hamburg bei der WM 1974. Jürgen Sparwasser will im „Ford -Halbzeitstudio“ zum Autokauf verleiten. Da seine genuschelten aufgesagten Texte völlig unverständlich sind, sollte man sich von vornherein auf seine bühnenreife Gestik und Mimik konzentrieren. Er zwängt sich zum Beispiel ins Auto und erklärt: „Der Wagen ist so geräumig, da paßt eine fünf-köpfige Familie rein“. Dann reißt er die Motorhaube auf und lobt: „Natürlich alles mit serienmäßigem Katalysator.“ Dazu spreizt er anerkennend die Finger. Da kommt Freude auf. Sparwasser hat nun die Wahl: Entweder er verklagt seine Auftraggeber wegen lächerlicher Darstellung in der Öffentlichkeit, oder er nutzt die gute Startgelegenheit zu einer Karriere ins Showbusiness. Bis zur nächsten WM.

Auch dieser Spot(t) passiert in 15 Minuten Halbzeitpause im DFF. Aus einem Fernsehen der 50er Jahre hat die Sportredaktion die öffentlich-rechtliche Phase einfach übersprungen und ist in die machtvoll-lustige Realität der Privaten abgetaucht. Da bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

Bole

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