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Die neue Käuferschlange vor Aldi

Nur eine kleine Verschnaufpause war den Kassiererinnen der Aldi-Filiale am Kreuzberger Moritzplatz vergönnt - dann war sie wieder da, die Käuferschlange. Gestern waren es allerdings nicht polnische Kunden - die sind bekanntlich seit dem 1. Juli wie vom Westberliner Erdboden verschluckt. Preisbewußte Konsumenten aus dem Ostteil mit Westmark standen nach Kaffeeweißer, Low-price-Chips, Camembert aus der Dose oder Paderborner Billigbier an. Inzwischen verdichten sich Gerüchte, wonach Aldi eine erste Filiale in Henningsdorf starten will. Die Frankfurter an der Oder müssen dagegen noch ausharren oder nach West-Berlin zum Billig-Shopping fahren. Aus gut informierten Kreisen in Warschau war gestern zu erfahren, daß sich der Gerüchtenebel unter den PolInnen inzwischen gelichtet hat. Es hat sich herumgesprochen, daß die Einreise nach West-Berlin aufgrund einer alliierten Anordnung aus dem Jahre 1967 (noch) ohne Visum möglich ist, weil sich die Alliierten bislang (noch) nicht durchgerungen haben, diese zurückzunehmen. Für die nächsten Tage prognostizieren Experten deshalb verstärkte Reisetätigkeit aus Warschau, Poznan, Wroclaw Richtung Berlin. Allerdings will die polnische Regierung durch verschärfte Zollkontrollen und -bestimmungen den Schwarzhandel bremsen. Nur noch Reisende mit einer Handelsgenehmigung sollen ab sofort Waren über den persönlichen Bedarf hinaus nach Polen einführen dürfen. Dementsprechend lang waren in den letzten Tagen in Polen die Schlangen derjenigen, die sich einen Gewerbeschein abholten. Absehbar ist allerdings auch gesteigertes Interesse seitens der DDR-Bevölkerung an Einkaufstouren in Polen. Mit dem Einzug des Westmark ist nämlich der Gegenwert in Zloty um das Zehnfache gewachsen.

anb / Foto: Ursula Weise/Octupus

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