„Walrücken, auf- und abtauchend“

■ Kunstwettbewerb in Verden: Gespräch mit der sonderpreisgekrönten Künstler-Gruppe „NiC“

„Kunst zu leben, sie als ständiges Abenteuer in Form, Farbe und Material dem rechten Winkel der Zivilisation entgegenzusetzen“,

so beschreibt die aus Verden stammende Künstlergruppe „NiC“ ihr Konzept. Für ihr Objekt „Schwerkraft Eins“ bekamen

Michael Wöltjen, Jutta Michels und Wolf Lampe im Kunstwettbewerb des Landkreises Verden der Sonderpreis der Jury. Die taz sprach mit ihnen über Kunst und Kommerz.

taz: Die Jury ist überzeugt von euch. Ihr auch?

Michael Wöltjen: Nun ja, wir wollen nicht nur Kunst betreiben, sondern auch davon leben. Das heißt ja nicht, daß du auf Teufel komm raus etwas gegen deine Überzeugung machst. Aber du könntest ohne weiteres Kunst produzieren, die sich gut verkauft. Es gibt Konsumkriterien für Materialien, Größe und Form. Mach Objekte aus Weichmetallen, Kupfer oder Messing, vielleicht 20 cm oder einen halben Meter hoch, runde, weiche Formen, das ganze ein bißchen interessant: Das läßt sich prima verkaufen, das ist ein Einrichtungsgegenstand.

Jutta Michels: Die Leute, zumal Bildungsbürger, benutzen Kunst ja häufig bloß dazu, sich mit dem Anschein von Kultiviertheit aufzuwerten.

taz: Da gibt es doch auch noch die

gängige Vorstellung von den Künstlern, die jenseits des Kunstmarkts hausen und sich verwirklichen. Seid ihr solche?

Wolf Lampe: Was wir machen, liegt irgendwo in der Mitte. Es ist doch ganz normal, wenn ein Künstler versucht, seine Grundversorgung über den Verkauf seiner Werke zu finanzieren.

taz: Macht ihr denn noch Sachen, die sich wahrscheinlich nicht verkaufen lassen?

Wolf Lampe: Primär produzieren wir, was uns Spaß macht. Die erste Entscheidung ist ja: Wir wollen Kunst herstellen. Aber wir versuchen natürlich, unsere Arbeiten so zu gestalten, daß sie auch verkäuflich sind.

taz: Nun sind ja eure Objekte so groß, daß sie nicht unbedingt ins Wohnzimmer oder in den Vorgarten passen.

Wolf Lampe: Die Größe, das ist für uns schon ein Stilelement, Voraussetzung für das, was wir ausdrücken wollen. Damit produzieren wir sicherlich eher für den öffentlichen Raum. Und da ist eine Ausstellung wie jetzt im Rahmen des Kunstpreises sehr wichtig.

taz: Was nützen denn solche kommunalen Kunstwettbewerbe?

Wolf Lampe: Einmal existiert die Kunst natürlich nur, sofern sie öffentlich ist. Und die Form des Wettbewerbs zwingt dazu, Kriterien für den Wert von Kunst aufzustellen. Auch das ist eine Form von Auseinandersetzung. Ob man sich dem Urteil der Jury anschließt, ist eine andere Sache. Und: Per Preisvergabe und mit dem beabsichtigten Ankauf von Kunstwerken wird öffentliches Geld für Kunst ausgegeben.

taz: Was habt ihr als nächstes vor?

Wolf Lampe: Für den Sommer nächsten Jahres ist in Unna ein „Gesamtkunstwerk“, bestehend aus bildender Kunst, Theater und Musik zum Thema „Wale“ geplant. Wir werden auf einer Straße oder auf einem Platz die Illusion einer Meeresoberfläche schaffen, die von einer Gruppe atmender Wale durchstoßen wird, Walrücken in verschiedenen Bewegungs -Phasen, auftauchend und abtauchend. Fragen: Annemarie Struß-v.Poellnit