Viermal 25 statt zweimal 45

■ US-Werbestrategen wollen für WM in Amerika Fußballregeln ändern / FIFA-Gewinn der Italien-WM wird auf 104 Millionen Dollar geschätzt

In den Vereinigten Staaten, Ausrichter der nächsten Fußball -Weltmeisterschaft, ist Fußball nicht die große Programmattraktion. Bei den Strategen der Werbegesellschaften stößt diese Sportart geradezu auf Ablehnung. Hauptgrund: Sie bietet nicht genügend Unterbrechungen, in denen Werbespots plaziert werden können.

Als Ausweg aus diesem Dilemma führt Richard Gold, der für die Fachzeitschrift 'Variety‘ das Thema untersucht hat, einen Vorschlag des Präsidenten des Internationalen Fußballverbands (FIFA), Joao Havelange, an: für die Weltmeisterspiele in den USA sollte die Spielzeit in vier mal 25 Minuten statt der Regelzeit von zwei mal 45 Minuten eingeführt werden. Gold verschweigt dabei nicht die spontane Antwort eines italienischen Fußball-Spitzenfunktionärs: „Das wäre verrückt. Denn damit würde das Spiel seine Bedeutung verlieren - und das etwa für Fernsehen und das dicke Geschäft?“

Der Kabelkanal Turner Network TV (TNT) schlachtet gleichwohl die Heilige Kuh, indem jeweils fünf Minuten der beiden regulären Halbzeiten für Werbung genutzt werden. Sehr zum Ärger der Zuschauer und der Fachjournalisten, was jedoch die werbenden Gesellschaften - Delta Airlines, Michelin, Old Spice - nicht von ihrem Engagement abhält. Das wiederum mit 2.400 Dollar für einen 30-Sekunden-Spot billig ist, verglichen mit den 700.000 Dollar für dieselbe Werbezeit für eine Schaltung in der CBS-Übertragung eines Super-Bowl -Spiels.

Ohne Unterbrechung während des laufenden Spiels zeigte der spanischsprachige Kanal Univision Hispanic Networks die Spiele der Weltmeisterschaft in Italien. Dieses Unternehmen, das auch sonst rund ums Jahr Fußball im Programm hat, zahlte für die Übertragungsrechte aus Italien vier Millionen Dollar. TNT kaufte die Italia-90-Rechte (für 24 Spiele) zu einem Preis von 7,5 Millionen Dollar. Obwohl die Einnahmen mit den Fußball-Übertragungen nur bescheiden blieben, bei minimalen Einschaltungen, sehen die beiden Kanäle ihr Engagement als Investition in die Zukunft, vornehmlich für die 94er Weltmeisterschaft in den Vereinigten Staaten. Anders als in den USA ist vor allem in Europa, aber auch in den übrigen Staaten das Interesse an Fußball besonders groß.

Die Schweizer Agentur Intl. Sports & Leisure (ISL), die das Ereignis vermarktet, rechnet nach ihren Erhebungen damit, daß die insgesamt 52 Spiele des vergangenen Turniers rund 26 Milliarden Einschaltungen brachten. Dies sind wesentlich mehr TV-Zuschauerkontakte als noch vor vier Jahren beim Turnier in Mexico (rund 13,5 Milliarden). Zugeschrieben wird das Plus vor allem der wachsenden Zahl von Fernsehgeräten auch in den ärmeren Ländern.

Hauptprofiteur dieser Entwicklung ist der Welt -Fußballverband. Der voraussichtliche FIFA-Gewinn wird auf 104 Millionen Dollar geschätzt - hauptsächlich durch Fernseheinnahmen. So zahlt die italienische RAI für die Fernsehrechte 7,5 Millionen Dollar (gab aber 260 Millionen für ein Internationales Rundfunk-Zentrum und 28 Millionen für die Übertragungsleistungen aus); die französischen privaten und öffentlichen Netze TF 1 und La Cinq sowie Antenne 2 und FR 3 zahlten zusammen 5,2 Millionen Dollar; die beiden britischen Konkurrenzsysteme BBC und ITV kauften die Rechte für jeweils 1,3 Millionen Dollar; ARD und ZDF waren mit jeweils 1,68 Millionen dabei; im Fußballand Brasilien kauften die vier konkurrierenden Sender die Rechte für 6,5 Millionen Dollar - bei erwarteten Einnahmen von rund 100 Millionen Dollar über die Werbung.

Bei den Werbepreisen gab es nach den Erhebungen von 'Variety‘ relativ große nationale Unterschiede. So nahm die RAI für die 30-Sekunden-Spots - pro Spiel wurden als Vor-, Halbzeit- und Nach-Spiel-Werbung elf Minuten verkauft - im Durchschnitt 157.000 Dollar. In Großbritannien verdoppelte die ITV ihre Spot-Preise für ein Abendspiel auf 190.000 Dollar. Das privatisierte TF1 in Frankreich nahm für den Halbzeit-Spot bei Starspielen Preise von 76.000 Dollar, bei Spots nach dem Spiel von 35.700. Beim Endspiel erhöhte sich der Preis auf 80.000 bzw. 50.000 Dollar.

epd