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Neu im Stern 1: „The Delinquents“ von Chris Thomson

■ Hart, aber ungerecht

Bundenberg, Australien, 1957. Über dem Mief der Kleinstadt zeugt ein strahlend blauer Himmel von ewigem Sommer. Das Ozonloch ist noch unbekannt, aus den Radios tönt Rock'n'Roll - so haben wir uns das Leben down under immer vorgestellt. Unter dem Firmament: Brownie, ein junger Postbote und Lola, ein Schulmädchen.

Erste flüchtige Blicke, ein zufälliges Treffen vor dem Kino und dann erotische Tanzschritte auf dem Bahndamm. Ein zartes Band der Liebe ist gesponnen.

Was sich da am anderen Ende der Welt so romantisch anläßt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als fragile und leicht zerstörbare Konstellation. Vor dreißig Jahren herrschten im Land der ehemaligen Strafgefangenen brachiale Sitten.

Minderjährige hatten sich weit mehr als heute den Vorstellungen der Erwachsenen zu beugen, sonst gab es was an die Backen. Diese schmerzhafte Erfahrung muß Brownie (Charlie Schlatter) häufig machen. Mal haut ihn der cholerische Stiefvater windelweich, oder die Polizei benutzt schlagfertige Argumente. Alle wollen nur das Eine: Brownie soll von Lola lassen.

Lola (Kylie Minogue) ist das hasenzähnige Subjekt seiner Begierde und bald die werdende Mutter des gemeinsamen Kindes. Das ist zuviel für das Australien im Jahr 1957, die beiden werden getrennt. Der Regisseur Chris Thomson hat in seiner letzten Kinoarbeit The Delinquents (Betonung auf der zweiten Silbe) einen Teenager-Liebesfilm gedreht, der in Farben badet.

„Liebe Mutter, ich mußte weg. Ruf‘ nicht die Polizei, Dein Brownie“, hinterläßt der Ausreißer wortkarg, um sich wenig später als Seemann zu verdingen. Aber auch Hasezahn Lola geht mit Riesenschritten dem Ernst des Lebens entgegen. Sie wird zur Abtreibung gezwungen, unter die Obhut einer keifenden Erzieherin gestellt und in ein Heim gebracht. Brownie, kaum zurück an Land, ist auf der Suche nach seiner Liebsten.

Das Leben ist hart, aber ungerecht, wenn man noch nicht volljährig ist.

The Delinquents ist kein spektakuläres Liebes-Drama a la Hollywood, sondern eine sorfältig photographierte Geschichte der Gefühle. Weder Schlagersternchen Minogue in ihrer souveränen Debutrolle, noch das herbeikonstruierte Happy-End können daran etwas ändern. Und das ist doch etwas. J.F.Sebatia

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