MarzahnerInnen machen eigenes Fernsehen

■ Der Offene Kanal des Westberliner Kabelfernsehens will Außenstelle im Hochhausbezirk Marzahn werden

Marzahn. Noch steht die endgültige Entscheidung des Westberliner Kabelrates aus, doch die Weichen sind gestellt: Vielleicht schon ab August wird es in Marzahn, wo bisher interessante Kulturangebote schon recht spärlich gesät waren, eine neue Einrichtung geben. Der Offene Kanal (OK) Berlin plant, in Marzahn seine erste Außenstelle zu etablieren. In den vom Rat des Stadtbezirks kostenfrei zur Verfügung gestellten Räumen können dann Fernsehbeiträge von Bürgern in eigener Verantwortung hergestellt und bearbeitet werden.

Allerdings fehlen derzeit noch die technischen Voraussetzungen für die Einspielung ins Marzahner Kabelnetz. Bis die vorhandenen Kabelinseln miteinander verbunden sind und ein Einspeisepunkt installiert ist, so daß die produzierten Beiträge auch in die rund 50.000 verkabelten Haushalte gelangen können, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Derweil jedoch können sich die MarzahnerInnen im Umgang mit der Technik üben, die wie vorerst auch das Personal aus dem Westteil der Stadt kommen soll. Ein Aufnahmeplatz mit zwei Kameras, der sowohl als kleines Live -Studio als auch zur Bearbeitung von Beiträgen dienen kann, ein Sichtplatz sowie zwei ausleihbare Kameras sollen den zukünftigen NutzerInnen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Nach dem Prinzip der Warteschlange kann dann jeder die vorhandene Technik nutzen und die mit dieser Technik hergestellten Beiträge über den Offenen Kanal Berlin auch senden.

Der Offene Kanal Berlin, der im August sein fünfjähriges Bestehen feiert, würde mit diesem Schritt beginnen, sein Konzept zur Dezentralisierung - Eröffnung mehrerer Außenstellen, die nach den gleichen Prinzipien betrieben werden - Realität werden zu lassen, ein Konzept, das schon vor der Maueröffnung diskutiert wurde. Daß nun die politischen Gegebenheiten einen solchen Auftakt ermöglichen, macht die ganze Sache für Jürgen Linke, Leiter des OK, und seine Mitarbeiter natürlich noch spannender. Seit Öffnung der Grenzen melden sich immer mehr DDR-BürgerInnen als Nutzer des Offenen Kanals an. Die von ihnen produzierten Beiträge sind meist mit hohen Ansprüchen an die eigene Öffentlichkeitsarbeit hergestellt, behandeln oft brisante Themen und haben damit das inhaltliche Spektrum des Programms erweitert.

Eine weitere interessante Entwicklung zeichnet sich zudem ab: Die Filmhochschule in Babelsberg signalisierte ihr Interesse zur Kooperation mit dem Offenen Kanal. Das ist um so erfreulicher, da hier ein Kontakt zustande kam, den es auf gleicher Ebene in West-Berlin bisher noch nicht gibt. Da galt es für die Profis vom Film- und Fernsehfach eher als imageschädigend, Verbindungen zum Offenen Kanal zu haben, dahin, wo BürgerIn X Fernsehen macht. Die Babelsberger stehen der Idee des Offenen Kanals wesentlich toleranter und aufgeschlossener gegenüber, erhoffen sich sogar interessante Erfahrungen und Anregungen für die eigene Arbeit.

Petra Franke