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Leere Kassen in den Kommunen

■ Oberbürgermeister suchen neue Finanzquellen / Staatsvertrag verwehrt den Kommunen, Kredite aufzunehmen / Bundesregierung soll Infrastrukturprogramme finanzieren

Aus Berlin Detlef Krell

Mit leeren Taschen kamen gestern die Oberbürgermeister von Leipzig, Dresden, Halle (Saale), Magdeburg, Rostock und Potsdam nach Berlin zu ihrem Amtskollegen Tino Schwierzina. Berlins Oberbürgermeister hatte zu einer Konferenz der Großstädte eingeladen, um über die gemeinsamen Finanzierungsprobleme der Kommunen und über drängende Fragen des Wohnungsbaus und der Stadtplanung zu sprechen. In einer Resolution, die umgehend aufzunehmenden Verhandlungen mit Finanzminister Romberg zugrunde liegen wird, erklären die Stadtoberhäupter: „Die demokratische Erneuerung der Kommunen und ihrer Selbstverwaltungsorgane ist weiter gediehen als die des öffentlichen Haushaltwesens.“ Das überkommene Prinzip des Zentralismus enge die Handlungsfähigkeit der Kommunen in einem unerträglichen Maße ein. Der Staatsvertrag verwehre den Kommunen die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen, und schränke die kommunale Selbstverwaltung ein.

Die Oberbürgermeister fordern von Bonn und Berlin, alle bereits begonnenen Investitionsmaßnahmen im Wohnungsbau durch Zuwendungen aus den Zentralhaushalten und neue Finanzierungsmöglichkeiten abzusichern. Finanzierungsrisiken im Zusammenhang mit den neuen Leistungsgesetzen, insbesondere dem Sozialhilfegesetz, soll ebenfalls die Regierung tragen. Bisher vorgesehene Mittel reichen nicht aus, die Kommunen verfügen in absehbarer Zeit über keine Möglichkeiten, eigene Einnahmen für den Aufbau von Sozialämtern und für den kommunalen Lohnfonds zu erwirtschaften. Finanzierungswege über Artikel 27 und 36 des Staatsvertrages sollen als praktikable Modelle mit den Kommunen abgesprochen werden. Eine weitere Quelle wäre nach Ansicht der Oberbürgermeister der Länderfinanzausgleich.

An die Bundesregierung ergeht der Appell, alsbald ein Infrastrukturprogramm für die DDR zu finanzieren. Einmal, um drohender Massenarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, zum anderen, damit Straßenbau, Post- und Telefonwesen und kommunale Betriebe beim Standortwettbewerb neuer Wirtschaftsbetriebe mithalten können.

Von der Konferenz der Großstädte geht auch die Initiative zur Bildung kommunaler Arbeitgeberverbände aus. Sie sollen den Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen gegenüberstehen und die einheitliche Entwicklung der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst sichern. Hintergrund dieses Schrittes ist auch, nach Aussage von Tino Schwierzina, die Abwanderung von Fachleuten aus dem öffentlichen Dienst.

Die Kommunen wollen die Gelder, die ihnen zustehen und neue Quellen erschließen, erklärte Potsdams Oberbürgermeister Dr. Gramlich. Er erinnerte daran, daß die Mißstände in den Kommunen ein wesentlicher Auslöser für den DDR-Herbst waren. Man könne nicht erst auf die Länderbildung warten, vielmehr klagen die BürgerInnen erlebbare Veränderungen in ihrer Wohnumwelt ein. Dr. Keller, Zweiter Bürgermeister von Dresden, nannte eine Summe von zwei Milliarden Mark, die allein für den Erhalt der städtischen Bausubstanz erforderlich sei. Die Hälfte davon müßte in ein Minimalprogramm zur Rettung von Kulturbauten fließen, 150 Millionen Mark in das Gesundheitswesen.

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