Aus für den Frauenfilmverleih?

■ Trotz zunehmenden Erfolg droht den britischen Filmverleihen „Circles“ und „Cinema of Women“ das Ende

Das „British Film Institute“ (BFI) gibt sich gern einen liberalen Anstrich inmitten des mittelalterlich-finsteren Englands der Thatcher-Ära. Da etwa fünfzig Prozent der Gelder des BFI aber aus dem Office of Arts and Libraries der Regierung stammen, sind Zweifel angebracht; die Politik der letzten Jahre spricht zudem eine deutliche Sprache. Mit den Bereichen Archiv, Produktion, Verlag, Verleih, einem riesigen Theaterkomplex an der South Bank und dem Museum of the Moving Image nimmt das BFI eine Zentralstellung im britischen Filmwesen ein, die an Monopolisierung grenzt. Zudem vergeben sie Gelder an Kinoprojekte und nicht kommerzielle Verleiher mit dem Ziel „Material zu retten, das ansonsten droht verloren zu gehen“. Aber dies scheint immer mehr zu einem reinen Lippenbekenntnis zu verkommen.

Letzter Fall in einer Reihe von Projekten, denen rigide die Gelder gekappt wurden, sind die beiden Frauenfilmverleihe „Circles“ und „Cinema of Women“ (CoW) in London, die seit zehn Jahren bestehen und zusammen nahezu 600 Filme bis in die USA verleihen. Im April diesen Jahres erfuhren sie, daß das BFI mit sofortiger Wirkung ihre finanzielle Unterstützung um vierzig Prozent reduziert hatte.

Hinter den Kürzungen vermuten die Frauen einen Interessenkonflikt im BFI selbst. „Die Situation, daß sie uns teilweise finanzieren, ist eigentlich absurd, weil sie als Verleiher Tag für Tag mit uns konkurrieren. Sie versuchen nun einfach jegliche Konkurrenz auszuschalten“ (Abina Manning von COW). Wozu das führen kann, zeigt das Beispiel von „Mädchen in Uniform“, das von CoW bisher erfolgreich verliehen wurde. Das BFI kaufte die Rechte auf, beließ aber die Kopien ein weiteres halbes Jahr bei CoW. Während dieses Halbjahres war es niemand in Großbritannien möglich, den Film zu zeigen oder zu sehen.

Nimmt das BFI die Kürzungen trotz einer Welle von Protesten nicht zurück, rechnen „Cinema of Women“ und „Circles“ damit, daß sie ab September ihre Arbeit einstellen müssen.

Dann verschwinden die wiederentdeckten Klassiker und die von den Frauenfilmverleihen entworfenen Programme zu sexuellem Mißbrauch, Vergewaltigung, Frauen und Arbeit u.s.w. vermutlich für immer von Leinwänden und Bildschirmen. In England wird es dann noch etwas finsterer sein.

Andrea Horakh