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Der willkommene Frauenhändler

■ Die Koblenzer Handelskammer will ihr geschätztes Mitglied nicht verlieren

Berlin (taz) - Ein Mann, der mit Frauen und Mädchen handelt, ist schließlich auch nur ein Geschäftsmann. Das muß sich die Industrie- und Handelskammer Koblenz gedacht haben, als sie den „Frauen- und Mädchenhändler Harold Kempf“ ungeniert als neues Mitglied willkommen hieß. Peinlich für die Koblenzer Kammer: Hinter dem Pseudonym Harold Kempf verbarg sich der Schriftsteller Klaus-Peter Wolf, der für die Recherchen zu seinem Roman Traumfrau in die Rolle eines Heiratshändlers mit thailändischen Frauen geschlüpft war. Als Wolf im Herbst letzten Jahres seinen Roman veröffentlichte und seine Identität lüftete, stritt die empörte IHK zunächst alles ab. Es sollte Gras über die peinliche Geschichte wachsen. Aber wer einmal im Computer gespeichert ist, der bleibt auch drin. Wolf erhielt Ende Juni wieder eine Rechnung der IHK. Diesmal über den Jahresbeitrag '90. Und der noch ausstehende Betrag von 100, DM für 1989 wurde gleich miteingeklagt. „Da weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut“. Wolf, diebisch erfreut über die Nachlässigkeit der Behörde, sieht erneut bestätigt, daß die rund 200 Frauenhändler der Bundesrepublik ihrem „Gewerbe“ ohne Probleme nachgehen können. Die Anmeldung beim Finanzamt, die Mitgliedschaft in den Berufsorganisationen sind nach seinen Recherchen selbstverständlich. „Die hängen sich sehr gerne das Mäntelchen der Seriosität um“, weiß Wolf. Während die meisten „Eheinstitute“ sich jedoch klangvolle Titel zulegen, hatte Wolf unverblümt seine Tätigkeit beim Namen genannt. Rechtlich haben die Verwaltungsbehörden der Länder nach der Gewerbeordnung „durchaus die Möglichkeit, den Heiratshändlern das Handwerk zu legen (fortgesetzter Abschluß sittenwidriger Verträge). Aber ein Frauenhändler ist eben auch nur ein Geschäftsmann.

Helga Lukoschat

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