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Auch Senatoren müssen mal in die Vollanstalt

■ Senat kämpft um 27 Klohäuschen / Dafür soll bei der Reinigung gespart werden

Berlin. Nicht nur der Westberliner Einzelhandel registriert dank Maueröffnung und Währungsunion exorbitante Umsatzsteigerungen, auch ein Zuwachs von großen und kleinen Geschäften ist zu verzeichnen. Wer nach dem Einkaufsmarathon durch „drospa“, „Aldi“ und „Wertheim“ mit Zwischenstopps bei „McDonald's“ und diversen Currybuden auf dem Weg nach Hause plötzlich Druck verspürt, der sucht schleunigst eine sogenannte Vollanstalt auf - um sie möglichst entleert und erleichtert wieder zu verlassen. Ostler wie Westler sind für solche menschlichen Schwächen gleichermaßen anfällig.

„Vollanstalt“ ist die behördliche Etikette für ein öffentliches Örtchen, das für Männer und Frauen (in getrennten Naßzellen) ganzjährig zur Verfügung steht. Kurz vorm Sprung zur Metropole wollte die BSR nach blasenfeindlicher Sparanweisung aus dem Abgeordnetenhaus 27 dieser lebenswichtigen Einrichtungen schließen lassen.

Die Mitglieder des Senats - mit ihren eigenen Bedürfnissen und der menschlichen Schwäche des Schließmuskels offenbar besser vertraut als die Abgeordneten - haben das vorerst verhindert.

Gespart wird trotzdem - und zwar bei der Reinigung. Das Hygieneplansoll von achtmal täglich Wischen und Warten muß nun aus Kostengründen auf „zwei- bis sechsmal, je nach Bedarf“ reduziert werden - ergo: so mancher Klofrau wird gekündigt. Die werte Kundschaft soll ihr Klopapier gefälligst selbst mitbringen - wir müssen ja alle den Gürtel enger schnallen.

Bei der Ästhetik der Bedürfnisanstalten - Kenner der Szene wissen es längst - wird übrigens schon länger gegeizt: Weil fast um die Hälfte billiger, gibt die BSR seit drei Jahren der Fertigbauweise den Vorzug vor Einzelentwürfen.

anb

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