: Das schmutzigste Wort in Irland: Abtreibung
Im April diesen Jahres begann die irische Studentengewerkschaft gemeinsam mit der Organisation „National Abortion Campaign“ einen Feldzug gegen die Zensur, die jegliche öffentliche Information und Diskussion über Abtreibung in Irland unmöglich gemacht hat.
Abtreibung ist dort inzwischen „das Wort mit dem A“ (abortion) geworden. Im Verlauf der bitteren Kampagne zur Verfassungsänderung 1983 haben die Befürworter des Abtreibungsverbots per Verfassung (illegal war sie ohnehin schon) gesagt, sie würden nichts gegen Beratungsdienste unternehmen, mit deren Hilfestellung Irinnen in Großbritannien Abtreibungen vornehmen lassen könnten. Sie versicherten auch, keine Zensur des Themas einführen zu wollen.
Die „Gesellschaft zum Schutz des ungeborenen Kindes“ jedoch hat 1989 erfolgreich um Verfügungen gekämpft, die die Studentengewerkschaft daran hinderte, Informationen über Abtreibungsmöglichkeiten in Britannien zu veröffentlichen. Seit Januar diesen Jahres hat die irische Ausgabe von 'Cosmopolitan‘ keine Anzeigen von Abtreibungskliniken mehr zugelassen, und die Märzausgabe der Zeitschrift 'Company‘ hat einen Artikel über Abtreibung aus ihren in Irland vertriebenen Heften herausgenommen.
Auf der letzten Seite ihrer irischen Ausgabe, die bis auf das folgende Zitat weiß blieb, ließ 'Cosmopolitan‘ folgendes verlauten: „Nach Beschwerden des Zensurbüros in Dublin wurde diese Seite, die normalerweise Anzeigen für Beratungs- und Hilfsorganisationen für Abtreibungen enthält, in allen in Irland vertriebenen Heften freigelassen. Wir bedauern, daß wir nicht in der Lage sind, die entsprechenden Informationen zu liefern. Man hat uns jedoch darauf hingewiesen, daß, sollten wir weiterhin diese Anzeigen veröffentlichen, unsere Zeitschrift verboten würde, nach dem 'Gesetz zur Zensur von Veröffentlichungen‘ von 1946, durch das 'Gesundheits -(Familienplanungs-)Gesetz‘ von 1979 genauer bestimmt.“
Die Zeitschrift 'Company‘ druckte an entsprechender Stelle: „Unter dem derzeit gültigen Gesetz sind wir nicht in der Lage, diesen Artikel in ganz Irland zu verbreiten.“ Die englische Frauenzeitschrift 'Spare Rib‘, die sich mit Abtreibung und damit zusammenhängenden Themen befaßt hat und auch schon oft in Irland verboten wurde, hat zur Zeit nach eigenen Angaben keine Vertriebsprobleme in Irland. Seit 1989 werden Live-Diskussionen in Rundfunk und Fernsehen, in denen Abtreibung womöglich erwähnt werden könnte, verboten. Weitere Informationen über die Kampagne gegen Zensur von Abtreibungsinformationen in Irland sind erhältlich bei:
The National Abortion Campaign, Wesley House, 4Wild Court, London, WC2B5AU.
Zahl der irischen Frauen, die zur Abtreibung nach England fahren (offizielle Zahlen von der „National Abortion Campaign“):
1983 (Abtreibung wurde verfassungswidrig): 3.677, für 1984 sind keine Zahlen verfügbar, 1985: 3.888, 1986: 3.918, 1987: 3.673, 1988 (irische Gerichte verfügen Schließung der Beratung): 3.839, erste Hälfte des Jahres 1989 (sämtliche Information, Diskussion und Erwähnung von Abtreibung wird verboten): 1.867.
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