: West-Konzerne setzen DDR unter Strom
■ Internationales Konsortium strebt Modernisierung der maroden DDR-Stromversorgung an
Brüssel (afp/dpa) - Energieunternehmen aus der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und Belgien planen die Bildung eines Konsortiums zur Modernisierung der Stromerzeugung in der DDR. Wie die belgische Staatssekretärin für Europafragen, Anne-Marie Lizin, gegenüber der französischen Nachrichtenagentur 'afp‘ mitteilte, sind die Vorbereitungen für diese „europäische Gesellschaft“ bereits „gut vorangekommen“.
Der Schulterschluß zwischen dem bisherigen Energiekombinat der DDR, der PreussenElektra, der Bayernwerk AG und dem Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE) habe unter diesen Voraussetzungen auch grünes Licht von der EG -Kommission erhalten, war gestern in Brüssel zu erfahren. Die neuen Partner sollen zunächst die staatliche französische EDF (Electricite de France) und die private belgische Gesellschaft Electrabel sein.
Am Donnerstag hielten sich der für Energiefragen zuständige DDR-Minister Karl-Herrmann Steinberg sowie die französische Europaministerin Edith Cresson zu Gesprächen in Brüssel auf. Dabei sei das Projekt auch den für Fragen des EG -Binnenmarkts sowie Wettbewerbsfragen zuständigen EG -Kommissaren, Martin Bangemann und Sir Leon Brittan, vorgestellt worden.
Am Rande der Unterredungen war Steinberg mit der belgischen Staatssekretärin Anne-Marie Lizin und der französischen Europaministerin Edith Cresson zusammengetroffen. Während Mitarbeiter des früheren westdeutschen Wirtschaftsministers Bangemann gestern jegliche Auskunft zu den Plänen der Energieunternehmen verweigerten, stufte ein enger Mitarbeiter Brittans die Initiative als „wichtig“ ein.
Brittan hatte sich mehrfach besorgt geäußert, daß bei der Umstrukturierung der DDR-Wirtschaft Monopole vor allem bundesdeutscher Unternehmen entstehen könnten. In seinen Bemühungen um eine Einbeziehung von Unternehmen aus anderen EG-Staaten hatte Brittan in der vergangenen Woche Gespräche in Ost-Berlin sowie am Montag in Düsseldorf mit der Führung der Treuhandanstalt geführt, die mit der Privatisierung der DDR-Wirtschaft betreut ist. Am Donnerstag sprach Brittan auch mit Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann.
Die Pläne des europäischen Konsortiums zielen auf eine Modernisierung der DDR-Stromversorgung, wobei vor allem auch die reichlich ins Gerede gekommenen DDR-Kernkraftwerke an aktuelle Sicherheitsstandards angepaßt werden sollen. Nach Angaben von Frau Lizin erfordert dies insgesamt Ausgaben in Höhe von 50 Milliarden Mark. Ziel der Aktion sei es, die Erzeugung der DDR-Kraftwerke auf eine Kapazität von 14.000 Megawatt zu bringen. In dem Konsortium soll jeder Partner schwerpunktmäßig einen Sektor betreuen. Nach Angaben der belgischen Staatssekretärin sei auch an eine Zusammenarbeit in anderen Bereichen wie der Chemie oder dem Schienenverkehr gedacht. Die Kontakte in diesen Bereichen seien aber „noch nicht sehr präzise“. Bei der Neustrukturierung der DDR -Stromwirtschaft hatten sich zunächst lediglich bundesdeutsche Stromversorger engagiert. Erst gestern dementierte aber der DDR-Energie-Staatssekretär Uwe Pautz gegenüber der Ostberliner Zeitung 'Der Morgen‘, daß die Konzerne RWE, PreussenElektra und Bayernwerke mehr als 50 Prozent der DDR-Energiewirtschaft kontrollierten. Nach Angaben von Pautz halten die Kommunen derzeit 52 Prozent der Anteile.
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