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Gipfel wäre Lösung für Afghanistan

■ Außenminister Schewardnadse und Baker verhandeln in Irkutsk über Regionalkonflikte und Gipfel 1990

Irkutsk (taz-ap) - Boote und Anglerausrüstung standen schon bereit. Was US-Außenminister James Baker seinem sowjetischen Amtskollegen Schewardnadse vergangenes Jahr in Wyoming bot, sollte nun am tiefen Baikal-See erwidert werden. Ganz auf Gegenseitigkeit schienen die Geprächspartner auch in Fragen der über zehn Jahre andauernden Regionalkonflikte in Afghanistan und Kambodscha eingestellt zu sein, die im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens in der sibirischen Hauptstadt Irkutsk stehen.

Washington hat mit seiner Abkehr von der kambodschanischen Widerstandskoalition hin zur pro-vietnamesischen Regierung in Phnom Penh eine beachtliche Vorleistung erbracht. Der inoffizielle Besuch des afghanischen Ministerpräsidenten Nadschibullah in der Sowjetunion schien ein Indiz, daß Moskau womöglich nachzieht. Denn seine zukünftige Rolle in Afghanistan ist bis heute ein zentraler Streitpunkt zwischen Mudschaheddin und der Kabuler Regierung.

Bis gestern ließ sich nicht ergründen, ob Nadschibullah nun aus „gesundheitlichen Gründen“ oder nur zur „Erholung“ nach Moskau gereist ist. Die Tatsache seines Aufenthaltes habe jedoch „keinerlei Einfluß auf den Lauf der Gespräche“, wiegelte Schewardnadse gegenüber der Presse ab. „Er wird nach Afghanistan zurückkehren, wie jeder von uns nach dem Urlaub heimkehrt.“

Der letzte sowjetische Staatspräsident Babrak Karmal, der 1985 zu einem Blitzbesuch in Moskau eintraf, kehrte indes nie nach Afghanistan zurück - und Nadschibullah wurde sein Nachfolger. Spekulationen über Nadschibullahs Rücktritt nährte mehr noch die Nachricht, daß der afghanische Vizepräsident Abdul Rahim Hatif für die Dauer seiner Abwesenheit zum amtierenden Präsidenten ernannt wurde.

Erst seit kurzem akzeptieren US-Unterhändler den Verbleib des ehemaligen Geheimdienstchefs in Amt und Würden - unter der Bedingung allerdings, daß Nadschibullah die Kontrolle über Medien, Militär und Geheimpolizei abgibt. Eine Einigung über Afghanistan setzt aber auch die Aussetzung von Waffenlieferungen beider Schutzmächte voraus.

Unlängst erklärte sich der Kongreß bereit, die 400 -Millionen-Dollar-Hilfe für den in Pakistan ansässigen Widerstand um ein Viertel zu kürzen.

Zur Debatte stehen in Sibirien zudem unter anderem Details eines neuen Gipfeltreffens noch in diesem Jahr; die Stimulierung von Auslandsinvestitionen in der UdSSR

sl

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