: Noch kein Durchbruch in Irkutsk
■ Ab Jahreswechsel verzichtet UdSSR auf Raketen für Waggonrampen / Afghanistanlösung vorerst verschoben / Sowjetunion und USA wollen auch in Asien die Früchte der Annäherung ernten
Irkutsk (dpa/taz) - Die UdSSR wird zum Jahreswechsel den Bau von interkontinentalen Raketen für Eisenbahn-Startrampen (ICBM) einstellen. Das kündigte Außenminister Eduard Schewardnadse Donnerstag früh auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Außenminister James Baker im ostsibirischen Irkutsk an. Baker reiste von dort aus weiter in die Hauptstadt der Mongolei, Ulan Bator. Er begrüßte Schewardnadses Ankündigung über die ICBM-Waffen, wies aber darauf hin, daß die UdSSR bereits stationierte Raketen nicht abbauen werde.
Wie aus einer von der Nachrichtenagentur 'Tass‘ am Donnerstag in Moskau veröffentlichten Erklärung hervorging, halten es die beiden Außenminister für wahrscheinlich, daß die Gespräche der vier Siegermächte mit den beiden deutschen Staaten schon bei dem für September in Moskau geplanten nächsten Zwei-plus-vier-Treffen abgeschlossen werden können. Was der sowjetische Außenminister Schewardnadse und sein amerikanischer Kollege Baker am Mittwoch noch vor sich herschoben, sollte auch am zweiten Tag der Gespräche im sibirischen Irkutsk nicht bewältigt werden: der im Vorfeld angekündigte Durchbruch bei der Lösung des Afghanistankonfliktes. Man sei der Lösung des elfjährigen Konflikts zwar näher gekommen, räumten beide Minister ein, es gebe allerdings Meinungsverschiedenheiten über die Organisation der Wahlen. Umstritten ist nicht zuletzt die Rolle des afghanischen Ministerpräsidenten Nadschibullah, dessen inoffizieller Aufenthalt in der Sowjetunion zu Spekulationen über seinen von den Mudschaheddin geforderten Rücktritt Anlaß gab. Einig seien sich beide Seiten, die UNO für Afghanistan zu aktivieren. Von der Aussetzung der militärischen und finanziellen Hilfe für die Konfliktparteien war indes nicht die Rede. Ein Informant, der nicht genannt werden wollte, sprach von „Überzogenen Erwartungen“. Zufrieden äußerte sich der sowjetische Außenminister über das Gespräch zum Thema Kambodscha. Dabei sei die Grundlage für ein Zusammenwirken aller progressiven Kräfte in dem Land entstanden, aber auch für einen Dialog mit China, mit den Staaten Indochinas der ASEAN-Gruppe. Moskau begrüßte den jüngsten Kurswechsel der USA und kündigte zum ersten Mal die Bereitschaft zu direkten Kontakten zur Integrationsfigur des regierungsfeindlichen Widerstands, Prinz Norodom Sihanouk, an. Voraussetzung sei jedoch, daß die USA analoge Kontakte zum kambodschanischen Premier Hun Sen aufnähmen. Baker sagte, er sehe nicht ein, warum die Zusammenarbeit zwischen USA und UdSSR in Asien weniger fruchtbringend sein sollte als in Europa. Schewardnadse berichtete, auch, der Konflikt Indiens mit Pakistan sowie das Korea-Problem seien in Irkutsk zur Sprache gekommen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen