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Park and Bike in Münster

■ Die Fahrradstadt in Westfalen geht erneut voran / Ab Mitte 91 Parkverbote in der Innenstadt und Fahrradboxen an den Parkplätzen am Stadtrand

Münster (taz/dpa) - Die Radfahrer-Metropole Münster, seit Jahren vorbildlich mit ihrer kommunalen Verkehrspolitik, geht erneut eigenwillige Wege.

In der 270.000-Einwohner-Stadt, in der es schon jetzt mehr Fahrräder als Einwohner gibt, soll der Anteil des Radverkehrs durch eine bundesweit einmalige Initiative weiter verstärkt werden. Münster will ab dem nächsten Jahr sogenannte Park-and-Bike- oder auch Umsteigeparkplätze einrichten, die den Wechsel von vier auf zwei Räder erleichtern sollen. Die Kommune will am Stadtrand abschließbare und überdachte Fahrradboxen aufstellen, wo Pendler vom kommenden Jahr an ihre Wagen abstellen und dann auf ihr Fahrrad umsteigen können. Die Parkbox soll nur eine geringe Gebühr kosten. Neben dem Fahrrad können darin noch Regenkleidung, Werkzeug und andere Utensilien untergebracht werden.

Niemand könne es einem Pendler, der 30 oder 40 Kilometer von Münster entfernt wohnt, zumuten, mit dem Fahrrad in die Arbeit zu fahren. Aber eigens eingerichtete gebührenfreie Parkplatze außerhalb der Innenstadt mit entsprechenden mietbaren Fahrradboxen seien eine „eigentlich logische Alternative“, begründet der städtische Verkehrsplaner Heinrich Wacker die Neuerung. Während eine Fahrradbox jährlich etwa 4.000 Mark koste, müsse man für einen Autostellplatz in der City zwischen 30.000 und 60.000 Mark veranschlagen.

Parallel zum Aufbau des „Park&Bike„-Systems soll ab Mitte 1991 das Parken in der Münsteraner Innenstadt für alle Autos verboten werden. Wacker sieht diese Neuerung in der Tradition der Fahrrad-Stadt Münster, die schon im Jahr 1946 die Anlegung eines durchgehenden Radwegenetzes beschlossen hat. Doch dabei ist es nicht geblieben. Inzwischen hat man noch mit anderen ungewöhnlichen Maßnahmen das Fahrrad in Münster kräftig angeschoben.

So wurde zum Beispiel die Einbahnstraßenregelungen für Radler aufgehoben, und es wurden an gefährlichen Knotenpunkten eigene Schutzräume für Radler geschaffen. Vor allem Linksabbieger werden durch eigene Spuren und Stauräume auf der Straße geschützt.

Jetzt soll in Münster auch noch eine spezielle Fahrradstraße eingerichtet werden, die die bisherigen Straßenverkehrsverhältnisse praktisch auf den Kopf stellt: Die gesamte Fahrbahn ist für Fahrräder da - Autos werden nur noch geduldet.

In Münster macht der Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen schon jetzt runde 30 Prozent aus. Diese bundesweite Rekordmarke liegt nicht nur an der Nähe zu Holland, dem flachen Gelände und den 50.000 Studenten in der Stadt, sondern an der gezielten Fahrradpolitik. Und durch die Aufhebung der Einbahnstraßenregelung kommt man heute mit dem Fahrrad in Münster tatsächlich häufig schneller voran. Aber auch die Unfallbilanz zeige, daß dadurch keine neuen Probleme entstanden sind. „Wir haben die besten Erfahrungen gemacht“, resümiert Heinrich Wacker.

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