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„Im Dienst des Friedens und der Gesundheit“

■ Ein Porträt der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) in Wien

Aus Wien Gerhard Bitzan

Seit 1957 arbeitet die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) von Wien aus; sie ist eine autonome Organisation innerhalb der Vereinten Nationen. Ihre grundlegende Aufgabe ist es, den Ländern bei der „friedlichen Nutzung“ der Atomenergie behilflich zu sein - und zwar „im Dienst des Friedens, der Gesundheit und des Wohlstands in der ganzen Welt.“

Um zu verhindern, daß Atomkraftanlagen oder spaltbares Material für militärische Zwecke verwendet werden, macht die Atomagentur „Sicherungskontrollen“. Grundlage dafür ist der Atomwaffen-Sperrvertrag (Non Proliferation Treaty) von 1970, der von rund 140 Staaten unterzeichnet ist.

Dennoch wird die Überwachung immer schwieriger. Gab es bei der Gründung der IAEA gerade vier Atommächte (USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich; wenige Jahre später kam China dazu), so existieren heute viele Schwellenländer, von denen man mit einiger Sicherheit weiß, daß sie Atommächte sind: Indien (das bereits eine Bombe gezündet hat), Pakistan, Brasilien, Südafrika, Israel, Irak, um nur einige zu nennen. Andere arbeiten daran, es zu werden.

Doch die Aufgabe der IAEA besteht nicht nur in der Prävention der militärischen Verwendung des Materials: „Die IAEA überwacht alle Arten von Nuklearanlagen, wobei sie insbesondere auf die Einhaltung der Bestimmung des Atomwaffen-Sperrvertrages achtet. Sie fördert die weltweite Kooperation in Kernforschung und -technik und arbeitet Schutzvorschriften aus. Dazu zählen Empfehlungen für Reaktorsicherheit, Strahlenschutz und Sicherheit von Kernmaterial.“

Um für die einzelnen Mitgliedsstaaten Empfehlungen auszuarbeiten, verfügt die IAEA im wesentlichen über zwei Grundprogramme: Das eine dient - vereinfacht gesagt - der Sicherung der AKW-Arbeiter und der Öffentlichkeit vor Strahlung; das andere ist ein weitreichendes atomares Sicherheitsprogramm, in dem Richtlinen für die Mitgliedsstaaten entwickelt werden.

Darüber hinaus bietet die IAEA einen umfangreichen Beratungsservice an. Das reicht von der Entsendung von Expertenkommissionen bis zur Ernennung von Spezialisten, die als Dauerberater in einem AKW stationiert sind.

Die IAEA-Kontrolle läuft über mehrere Programme ab: Zunächst gibt es „OSART-Teams“ (Operational Safety Review Teams), die auf Anforderung von nationalen Behörden und Energieversorgungsunternehmen eingesetzt werden. Die Prüfung dauert durchschnittlich drei Wochen. Das Ergebnis wird offiziell an die anfordernde Behörde weitergeleitet.

Das zweite wichtige Grundprogramm, das „Incident Reporting System“ (IRS), dient der Analyse und Bewertung von Störfällen. Die IAEA sammelt dabei Informationen über sicherheitsrelevante Ereignisse, die von nationalen Behörden zur Verfügung gestellt werden - also alle Berichte über auch die kleinsten Unregelmäßigkeiten und Störfälle. Diese Datenbank für Betriebsstörungen ist das einzige System, das weltweit funktioniert. Das dritte wichtige Programm ist das 1986 in Angriff genommene ASSET (Analysis of Safety Significant Events Teams). Dabei geht es im wesentlichen darum, die Ergebnisse sowohl der OSART-Einsätze als auch der IRS zu sichten und zu untersuchen.

Ein Problem der IAEA ist, daß sie keine Genehmigungsbehörde ist. Ihre Empfehlungen werden zwar häufig als Grundlage für nationale Normen genommen, doch es besteht dazu keine Verpflichtung. Insbesondere die Staaten des ehemaligen Ostblocks ließen bisher nur sehr beschränkt Inspektionen zu.

Mit Tschernobyl und den politischen Veränderungen in diesen Ländern kam auch das Umdenken. So sind in der CSFR - mit ihren vielen umstrittenen Atomkraftwerken - erst seit diesem Jahr OSART-Teams unterwegs. Sie finden allerdings, so heißt es in der IAEA, größtmögliche Bereitschaft zur Kooperation vor. Die Atombehörde in Wien hat zur Zeit ein Budget von rund 3,2 Milliarden Schilling (ca. 457 Millionen Mark); fast 2.200 Beamte sind bei der IAEA beschäftigt. Ein großer Teil davon arbeitet jedoch nicht nur in den Bereichen Reaktorsicherheit und Überwachung des Atomwaffen -Sperrvertrages, sondern in der intensiv betriebenen wissenschaftlichen Forschung.

Der Autor ist Redakteur der Wiener Tageszeitung 'Die Presse‘.

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