: Macho-Blicke
■ "Liebe und Sprache" ("Infanta" von Bodo Kirchhoff), taz vom 27.7.90
betr.: „Liebe und Sprache“ („Infanta“ von Bodo Kirchhoff),
taz vom 27.7.90
Wenn Rüger in seiner Rezension von Infanta von „Schönheit, Intelligenz, Mut und Progressivität“ des Romans spricht, so offenbart er nur, daß er den Macho-Blick Bodo Kirchhoffs teilt. Wo er „neue Wege“ sieht, sehen wir jahrhundertelang auf den Körpern von Frauen ausgelatschte Trampelpfade.
(...) Auf Seite 87 des Werkes: „Er flüsterte: 'Es wird weh tun‘. Sie antwortete: 'Mach es möglich.'“ Als er es ziemlich schnell „möglich macht“, blutet sie: „Wie aus einem kleinen Leck rann es aus ihr heraus, durchzogen von milchigen Fäden... Gewohnt, daß sein Samen mit den Frauen verschwand, tat er sich schwer.“
Auf Seite 113 ist dann „Rom ein Schlachtfeld für die Jungen. Für alle Häßlichen mit Liebeswunsch eine Hölle. Für ihn war jeder Stadtgang eine Expedition in schwieriges Mädchengebiet.“
Auf Seite 180: „Er wüßte gar nicht, wie er das erzählen sollte. Und wem überhaupt? Er hatte keinen Stammtisch. Er kannte nur Frauen, die ihm zuhörten, bei einfachen Themen. Mode, Filme, Reisen.“
Ein anderer Held des Romans kennt Frauen, die auch ab und an reden, was mann aber auch nicht recht ist, schon gar nicht während des „Geschlechtsverkehrs“. Da er diese „Worte 'davor, während und danach'“ verabscheut, hofft mann inständig: „Aber unter Umständen hatte er ja Glück. Viele in dem Gewerbe seien stumm, war immer wieder zu hören. Eine Stumme, dachte Augustin, oder gar keine. Sein Expeditionsgefährte müßte ihn zu einer Stummen führen.“
Ist die Expedition geglückt, stellt mann die Frage: “'Denkt man während der Liebe eigentlich an die Geliebte?‘ 'Was soll ich sagen, kaum. Man denkt sogar eher an etwas anderes.‘ 'Zum Beispiel?‘ 'An eine andere Frau.'“
Auf Seite 276 dann: „Dona Elvira welkte.“
Rüger spricht von einer „wirklichen und sehr sinnlichen Liebesgeschichte“, mit der es Kirchhoff gelinge, „den Leser(!) magisch in den Bann“ zu schlagen. Uns als Leserinnen fällt eher der Brechreiz an - wie so oft, wenn uns die Wichsphantasien alternder Schriftsteller als hohe Literatur zugemutet werden.
Die Mitarbeiterinnen der Buchhandlung Schutt in Frankfurt am Main (BRD)
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