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Kirchner zum Rapport bei de Maiziere

■ Gefeuerter CDU-Generalsekretär dementiert Stasi-Kooperation: Nur zwangsläufige Kontakte

Berlin (dpa7ap) - Ministerpräsident und CDU-Parteichef Lothar de Maiziere ist gestern nachmittag mit Generalsekretär Martin Kirchner zusammengetroffen. Dabei sollen die Vorwürfe erörtert werden, Kirchner sei früher Stasi-Mitarbeiter gewesen, hieß es bei der CDU.

Kirchner war am Mittwoch „bis zur Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe“ von der Wahrnehmung seines Amtes als Generalsekretär entbunden worden. Deshalb arbeitete Kirchner gestern auch nicht in der CDU-Parteizentrale in Berlin, so ein Parteisprecher. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Korbella hatte auch mitgeteilt, daß mit Kirchner nun Ergebnisse des zuständigen Volkskammerausschusses in Sachen möglicher Stasi-Tätigkeit besprochen würden. Nach Angaben von CDU-Fraktionschef Krause befindet sich Kirchners Name nicht auf einer Liste von Abgeordneten, die in irgendeiner Form mit der Staatssicherheit zu tun gehabt haben sollen.

Kirchner selbst bestreitet eine Zusammenarbeit mit dem ehemaligen DDR-Staatssicherheitsdienst. In der Zeitung 'Neue Zeit‘ sagte der frühere Oberkirchenrat zu dem Bericht des 'Stern‘, nach dem er 15 Jahre lang und bis zur Wende in der DDR „für den Bereich der thüringischen Landeskirche der operativ bedeutsamste inoffizielle Mitarbeiter, für die ganze DDR einer der wichtigsten“ gewesen sein soll: „In solch exponiertem Amt hatte man zwangsläufig Kontakte zum Staatssicherheitsdienst. Aber es hat keine Zusammenarbeit gegeben.“ Die Veröffentlichung zeige, „daß wir schon wieder mitten im Wahlkampf stehen“. Kontakte mit seiner Kirchenleitung in dieser Angelegenheit habe es noch nicht gegeben, da er erst seit wenigen Stunden von den Anschuldigungen wisse. Kirchner bestritt ebenfalls, daß er Geld oder Aufwandsentschädigungen von der Stasi erhalten hätte. Auch wisse er nichts von den Decknamen „Körner“, „Franke“ und „Hesselbart“.

Die Informanten des 'Stern‘, die sich als Führungsoffiziere Kirchners bezeichneten, hatten angegeben, der CDU-Politiker, vor der Übernahme des Generalsekretär-Amtes Oberkirchenrat in Eisenach, habe noch in der Endphase des SED-Regimes neben detaillierten Interna aus der evangelischen Kirche auch Informationen über seine Treffen mit westlichen CDU -Politikern wie Kanzler Helmut Kohl weitergegeben.

Kirchner wurde bis zur Klärung der Sachverhalte von seinem Amt als Generalsekretär entbunden. Auf eine Frage zu Differenzen mit Parteichef Lothar de Maiziere wollte sich Kirchner nicht äußern.

Die Bonner CDU hält sich unterdessen in der Affaire Kirchner zurück. Man erwarte eine „rückhaltslose“ Aufklärung der Vorwürfe. An Verhandlungen zwischen den beiden Parteien habe Kirchner allerdings schon länger nicht mehr teilgenommen.

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