: BRD hofft auf „Impulse“ aus dem Ost-West-Handel
■ Ost-SPD sieht die Wirtschaft der „Noch-DDR“ vor dem Kollaps
Bonn/Berlin (ap/adn) - Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet eine positive Entwicklung im deutschen Außenhandel durch den „DDR-Effekt“. Hausmann erhofft sich durch die Vereinigung der beiden Wirtschaftsgebiete neue Impulse im Osteuropageschäft. Statistisch betrachtet erhöht sich der Anteil des Osteuropaexports am Gesamtexport von bisher 2,5 Prozent für die Bundesrepublik auf bis zu zehn Prozent für das vereinigte Wirtschaftsgebiet. Inwieweit diese Größenordnung gehalten und fortentwickelt werde, hänge von der Leistungsfähigkeit der DDR-Unternehmen und von der Angebotsflexibilität der westdeutschen Firmen ab. Durch eine offene Außenwirtschaftspolitik des vereinigten Wirtschaftsgebietes werde sich die DDR mittelfristig zu einem attraktiven Investitionsstandort entwickeln, hofft das Ministerium. Die Nähe zum osteuropäischen Markt und durchschnittlich höhere Nachfrageimpulse als in anderen europäischen Staaten seien positive Faktoren.
Der Deutsche Industrie- und Handelstag plädiert dafür, ein flächendeckendes Netz für Innovationsberatungsstellen zu schaffen, die Unternehmen helfen sollen, Forschungsergebnisse schneller in neue Produkte und Verfahren umzusetzen. Starthilfe habe der Forschungsminister Riesenhuber zugesagt.
Das ist auch nötig, denn die Wirtschaft der „Noch-DDR“ steht nach Auffassung des Obmannes der SPD -Volkskammerfraktion im Ausschuß für Forschung und Technologie, Karl-Heinz Kunckel, vor dem Kollaps. Besonders betroffen davon seien Industrieforschungseinrichtungen. Würden jetzt nicht die Weichen für eine gezielte Forschungsförderung gestellt, verkommen die zukünftigen Länder der ehemaligen DDR zu technologischen Entwicklungsländern mit schwerwiegenden Auswirkungen für die künftig gesamtdeutsche wirtschaftliche Entwicklung. Problem sei die unzureichende finanzielle Absicherung für die kommenden Monate. Für die gesamte Industrieforschung stünden für das zweite Halbjahr 1990 nur 215 Millionen DM zur Verfügung, um die sich bereits über 700 Forschungsgruppen und Institute beworben haben.
Zum Aufbau einer leistungsfähigen, an westlichen Standards orientierten Industrieforschung fordert die SPD in der DDR eine wirkungsvolle, den Ansprüchen der gegenwärtigen Situation gerecht werdende Initiative für die Industrieforschung, die unter anderem auf die Ausdehnung der bundesrepublikanischen staatlichen Förderung der Industrieforschung auf die Unternehmen in der DDR sowie auf eine Qualifizierungsoffensive für DDR-Forscher durch Weiterbildungsmaßnahmen zielt. Entscheidend sei im Moment, erhaltenswerte Industrieforschungseinrichtungen durch ein kurz- und mittelfristiges Finanzierungsprogramm im Sinne einer Intensivtherapie am Leben zu erhalten. 60 Prozent der DDR-Forschungskapazitäten sind in der Industrie angesiedelt.
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