Stasi-Verdacht

■ Mindestens 68 Volkskammerabgeordnete belastet

Berlin (taz) - Unter den 400 Volkskammerabgeordneten sollen mindestens 68 unter dem Verdacht stehen, als sogenannte inoffizielle Mitarbeiter für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit tätig gewesen zu sein. Wie der Berliner Sender SFB 2 gestern berichtete, gibt es in den Zentralkarteien des Stasi Hinweise auf entsprechende Tätigkeiten von Mitgliedern fast aller Fraktionen. Auch fünf Mitglieder der DDR-Regierung werden verdächtigt, Mitarbeiter der ehemaligen Staatssicherheit gewesen zu sein.

Die betroffenen 68 Volkskammerabgeordneten verteilten sich folgendermaßen auf die Fraktionen: 26 Politiker der CDU, 20 der PDS, zehn der FDP, sieben der SPD, vier der Bauernpartei und einer vom Bündnis 90. Weder das Innenministerium noch das ihm unterstellte Staatliche Komitee zur Auflösung des Stasi wollten diese Zahlen gestern bestätigen oder dementieren. Wie die Form der Verstrickung aussieht, kann allerdings erst ein genaues Aktenstudium ergeben. Unter „inoffiziellen Mitarbeitern“ führte die Stasi auch Personen, von denen sie zwar gerne Informationen gehabt hätte, aber keine bekommen hat. Dem Innenministerium unter Peter Michael Diestel ist in der Vergangenheit mehrfach vorgeworfen worden, weitergehende Untersuchungen über das Ausmaß der Verstrickung von Parlamentariern in den ehemaligen Staatssicherheitsdienst zu verhindern.

Um die Vorwürfe zu klären, müssen die Betroffenen nun ihr Einverständnis für die Akteneinsicht geben. Erst dann kann auf die Suche nach den Unterlagen, die zum Teil aus der ehemaligen Stasi-Zentrale in bezirkliche Außenstellen verbracht worden sind, beginnen.

ak