: Mineralölkonzerne nutzen Weltmarktpreisdruck
■ Statt Opec-Sondersitzung Beratungstreffen von sechs Mitgliedsstaaten
Berlin (dpa/afp/taz) - Die Benzinpreise klettern weiter. In der Bundesrepublik hat die DEA als erste Mineralölgesellschaft die Preise für alle Benzinsorten um vier Pfennig und für Diesel um drei Pfennig je Liter heraufgesetzt. Esso hat die gleiche Preiserhöhung angekündigt. Alle übrigen Mineralölkonzerne haben Benzinpreiserhöhungen angekündigt. Die Mineralölkonzerne begründeten die Preiserhöhung mit dem Druck auf dem Weltmarkt. Seit Beginn der Golfkrise haben sich nach ihren Angaben die Wiederbeschaffungspreise am Rotterdamer Spotmarkt um zwölf Pfennig je Liter erhöht.
Saudi-Arabiens Botschafter in Washington, Prinz Bandar Bin Sultan, hat das rasche Ansteigen der Erdölpreise seit Beginn der Krise in der Golfregion kritisiert. Für die Preiserhöhungen gebe es keinen Grund, sagte der Diplomat in einem Interview mit dem privaten Fernsehkanal „Channel 4“. Es gehe nicht an, daß die Verbraucher dermaßen zur Kasse gebeten würden, nur weil die Einkäufer heute 17 und morgen 27 Dollar für das Erdöl bezahlten.
Nachdem die saudiarabische Forderung nach einer Sondersitzung der Opec über die Folgen der Golfkrise für die Ölmärkte durch den Irak und Iran abgelehnt wurde, hat Indonesien am Montag ein kleineres Beratungstreffen von 6 der 13 Mitgliedsstaaten vorgeschlagen. Dabei wollen Saudi -Arabien, Nigeria, Iran, Venezuela, Algerien und Indonesien über die Wünsche einiger Staaten, ihren Ölausstoß zu erhöhen, beraten.
Außer Saudi-Arabien waren nach Mitteilung des Opec -Vorsitzenden Venezuela, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar für die Sondersitzung gewesen. Bagdad hatte sich am vergangenen Freitag ausdrücklich gegen eine außerordentliche Sitzung der Opec ausgesprochen.
Durch das UN-Embargo ist eine tägliche Öllieferung von rund 4,5 Millionen Barrel (159 Liter) aus dem Irak und Kuwait unterbrochen. Der saudische Ölminister Hischam Naser hatte bereits am Wochenende angekündigt, sein Land könne die Ölförderung um zwei Millionen Barrel täglich erhöhen, wenn die Opec nichts unternehme, um die ausgefallenen Lieferungen zu ersetzen. Eine solche Erhöhung würde Saudi-Arabien selbst dann noch 14,6 Milliarden Dollar im Jahr an zusätzlichen Gewinnen bringen, wenn der Ölpreis von jetzt über 27 Dollar pro Barrel wieder auf rund 20 Dollar fallen würde.
Saudi-Arabien will nach Berichten der 'Middle East Economic Survey‘ den kuwaitischen Ölkonzern Kuwait Petroleum International (KPI) mit Rohöl beliefern. Mit dieser Maßnahme solle die Funktionsbereitschaft der in Europa liegenden Raffinerien sowie die des Tankstellennetzes des Konzerns garantiert werden. Saudi-Arabien werde im September 150.000 Barrel pro Tag (bpd) und im Oktober 300.000 bpd liefern. In Europa unterhält KPI unter dem Namen „Q8“ 6.000 Tankstellen und benötigt täglich 400.000 Barrel Öl. Derzeit verfüge KPI über rund 15 Millionen Barrel Öl, auf Tankern gelagert, die vor dem Überfall Iraks auf Kuwait am 2. August ausgelaufen sind.
Nach einem Treffen mit Venezuelas Präsidenten Carlos Andres Perez in Caracas am Montag sagte der Staatssekretär im US -Finanzministerium, David Mulford, er wisse nichts von einem möglichen US-Kredit an das südamerikanische Land, damit es seine Ölförderung steigern könne. Perez hatte vor einer Woche die Erhöhung der Ölproduktion Venezuelas um 500.000 Barrel pro Tag (bpd) angekündigt.
Die Sowjetunion ist wegen zahlreicher Schäden auf den Förderanlagen und bei den Pipelines nicht in der Lage, die wegen der Golfkrise entstehenden Lücken auf dem Weltölmarkt zu schließen, hieß es in sowjetischen Zeitungsberichten. Die Förderleistung der UdSSR sei sogar gefallen.
Die Europäische Investitionsbank (EIB) will für die Erschließung eines Ölfeldes in der norwegischen Nordsee ein Darlehen in Millionenhöhe gewähren, um die Sicherheit der Erdölversorung der Europäischen Gemeinschaft zu verbessern. Wie die Bank am Montag mitteilte, sind die Mittel in Höhe von 51 Millionen ECU (über 102 Millionen DM) für eine Produktionsplattform im Veselfrikk-Ölfeld westlich von Bergen bestimmt.
Das Darlehen ging über die Westdeutsche Landesbank an zwei Tochtergesellschaften der deutschen Deminex-Gruppe. Da das Ölvorkommen außerhalb des Hoheitsgebiets der EG liegt, wurde laut der Europäischen Investitionsbank eine spezielle Genehmigung des Gouverneursrates eingeholt. Solche Genehmigungen werden erteilt, wenn das finanzierte Vorhaben von direktem Interesse für die Europäische Gemeinschaft ist. Für die Erschließung von Erdölvorkommen in der Nordsee hat die EIB bisher rund 820 Millionen ECU bereitgestellt, wovon der größte Teil auf Großbritannien entfiel.
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