: Preußen - „sklavischstes Land Europas“
■ Die Länder in der DDR werden neu geordnet / Was gibt's rund um Berlin? / Ex-Preußen, Brandenburg! / Eine kleine Führung durch die Geschichte unserer Metropole und ihres Umlandes
Berlin (ap) - Das Wiedererstehen des Landes Brandenburg ist die Auferstehung der alten Keimzelle der späteren Großmacht Preußen. Doch vom alten Brandenburg-Preußen kommt damit nur der vordere Namensbestandteil zu neuen Ehren. Preußen selbst haben die Alliierten am 25. Februar 1947 aufgelöst und als Inbegriff des Militarismus und deutscher Großmannssucht auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen. So entsteht nun neu, was 1701 bereits mit der Krönung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. zum „König in Preußen“ vollständig von der preußischen Geschichte absorbiert wurde.
Für ein eigenständiges Brandenburg gab es erst rund 250 Jahre später wieder ein kurzes Zwischenspiel, als die sowjetische Militärverwaltung das Land Brandenburg bildete. Es wurde 1949 ein Land der DDR und verschwand mit der Verwaltungsreform schon drei Jahre später wieder von der Bildfläche, aufgestückelt in die Bezirke Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus und ein Stück von Neubrandenburg. Die größten Orte des Landes sind die voraussichtliche Hauptstadt Potsdam sowie Cottbus, Brandenburg und Frankfurt an der Oder. Nach dem Zweiten Weltkrieg umfaßte Brandenburg als Land der DDR (ohne Berlin) knapp 23.000 Quadratkilometer und hatte rund 2,5 Millionen Einwohner.
Berlin, seit dem späten Mittelalter die Metropole der Region, wurde 1920 eigenständige Provinz. Das heutige Ost -Berlin hat vorläufig Landesstatus, bis entschieden ist, ob die gesamte Stadt ein Bundesland wird oder es noch zur Bildung des Landes Berlin-Brandenburg kommt. Brandenburg fiel schon 1618 „unter die Preußen“, oder vielmehr fiel Preußen an Brandenburg, das das weit im Osten gelegene Herzogtum als polnisches Lehen erwarb. Mit den Kurfürsten aus dem Hause der Hohenzollern, die Berlin zu ihrer Residenz machten, begann der Aufstieg Brandenburgs, der in der Regierungszeit des Großen Kurfürsten einen ersten Höhepunkt erreichte. Er schuf zwischen 1640 und 1688 den absolutistischen brandenburg-preußischen Staat. Bei seinem Amtsantritt fand er ein vom 30jährigen Krieg verheertes Land mit nur etwa 210.000 Einwohnern vor. Mit dem „Edikt von Potsdam“ zog er die in ihrem Heimatland verfolgten Hugenotten, aber auch andere ausländische Fachkräfte ins Land, die entscheidenden Anteil am Aufbau Brandenburgs und vor allem des damaligen Provinzstädtchens Berlin hatten, in dessen Bann die Mark immer mehr gezogen wurde.
Im 18. Jahrhundert schließlich verschwand Brandenburg gänzlich im langen Schatten von Preußens Glanz und Gloria. Friedrich WilhelmI., der „Soldatenkönig“, und sein Sohn Friedrich II. ließen das mächtige Preußen entstehen, in dem schon viele zeitgenössische Kritiker mehr Düsternis als Glorie sahen. So sprach Lessing vom „sklavischsten Land“ Europas; Spötter meinten, Preußen gleiche eher einer Armee mit einem Land als einem Land mit einer Armee. Selbst Reformen wie die Einführung der allgemeinen Schulpflicht hatten für Friedrich Wilhelm I. den Vorteil, daß allzuviel körperliche Arbeit im zarten Kindesalter die Wehrtüchtigkeit des Nachwuchses für sein Heer nicht mehr schädigen konnte. Während seine Werber im ganzen Land Ausschau nach „Langen Kerls“ hielten, warnten die märkischen Mütter ihre Kinder: „Wachse nicht, sonst fangen dich die Werber.“ Friedrich II. setzte das von seinem Vater geschaffene Heer für eine rücksichtslose Eroberungspolitik ein, mit der Preußen sich unter waghalsigen Umständen vor allem auf Kosten Österreichs als europäische Großmacht etablierte. Gleichzeitig baute er Berlin und Potsdam zu einem Zentrum der Künste und des Geistes aus. Seit dem Alten Fritz übte Preußen endgültig die Hegemonie in Deutschland aus.
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