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Neu im UT: „Stille Tage in Clichy

■ Stille Tage in Klischee

hierhin bitte das

halbbekleidete

Mädchen

Plötzlich waren wir zu dritt in der Wanne, ein belegtes Brot in der einen und ein Glas Wein in der anderen Hand. Da ich das Bedürfnis hatte, Wasser zu lassen , schiffte ich in aller Ruhe. Die Mädchen waren entsetzt.

Entschuldigung, aber so stehts bei Herrn Miller, und ich kann mich noch genau an diese Szene erinnern, die ich vor über zehn Jahren in der Verfilmung von Jens-Jürgen Torsen gesehen habe. Der dreckige Schwarzweiß-Film war wahrscheinlich nicht mal besonders gut, aber er traf die Atmosphäre des Buches recht genau. Nachdem ich nun Claude Chabrols Filmversion gesehen hatte, habe ich erst einmal ungläubig bei Miller nachgelesen, ob denn da wirklich solch ein Schmarrn steht.

Chabrol inszenierte die Orgien, Exzesse und Perversitäten antiseptisch, saftlos und ordentlich. Da werden zwar allerhand weibliche Geschlechtsorgane in die Kamera gehalten, aber Chabrol filmt die ganze Pracht und Herrlichkeit so leidenschaftlos ab, daß MANN schnell genug davon hat. Die Schönen sind schön, die Verhurten verhurt, die Mondänen mondän. Aus Romanfiguren wurden Klischees geschnitten. Nichts stimmt mehr. Natürlich läßt er die Wannenszene aus. Vermutlich war sie ihm zu dreckig.

So bleibt nichts weiter als ein beliebiger Reigen amouröser Begegnungen, die nicht interressant, nicht witzig und mit zunehmender Masse nicht einmal mehr gewagt sind. Man fragt sich wirklich, warum Chabrol diesen Film gemacht hat. Die Gier und die Lust, die Miller und Torsen angetrieben haben, scheinen ihm völlig abzugehen. Während im Buch immer wieder vom Hunger die Rede ist, taucht in den (übrigens fürchterlich literarischen) Dialogen des Films immer wieder das Schlüsselwort Hölle auf.

Sex habe für ihn immer etwas Komisches gehabt, zwei Körper die sich umeinander winden, das wäre doch wie Slapstick, sagt Chabrol in einem Interview. Doch seine Versuche, den Film witzig zu machen, scheitern kläglich, und das, obwohl Millers Buch oft sehr komisch ist. Aber was kann man von einem Film über Paris erwarten, der nur in Studios gedreht wurde - in Kulissen, die soviel Lokalkolorit vermitteln wie die Wetterkarte?

Und was sollen die Sequenzen mit dem jugendlichen Hauptdarsteller, der mit einer stümperhaften Maske als greiser Miller im Bett von einem schönen, nackten Mädchen abgewiesen wird? Henry Miller war ein schöner, würdiger Greis, und diese Szenen verleumden ihn postum zum dirty old man bis ins Grab.

Der Film hat einen üblen Beigeschmack: Wenn ein richtig geiler Bock das Buch nochmal verfilmt hätte, wäre das allemal noch ehrlicher gewesen als dieser distanzierte, überhebliche Blick auf das Gewimmel der Gattung Mensch. Chabrol entpuppt sich als ein unsinnlicher Voyeur, und das ist wirklich degoutant. Wilfried Hippe

hierhin bitte

das Kissen

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