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Schriftsteller als politische Gefangene

■ Menschenrechtsverletzungen in Vietnam

Der im Februar dieses Jahres von amnesty international publizierte Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Vietnam stellt fest, daß die Bürger Vietnams trotz der Maßnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation seit der „Doi Moi„-Politik (Dezember 1986) nach wie vor nicht ausreichend gegen die Verletzung ihrer fundamentalen Rechte geschützt sind.

Die Verbesserungen haben vornehmlich im Bereich der Justiz stattgefunden; das Prinzip der Unschuld der Angeklagten bis zum Beweis ihrer Schuld durch ein Gericht wurde eingeführt, ebenso das Recht der Angeklagten auf Verteidigung durch einen unabhängigen Anwalt. „Allerdings“, so amnesty, „sind viele Reformen, die bestimmte Menschenrechte schützen sollten, noch immer nicht durchgeführt worden, und die Verletzung von Menschenrechten findet weiterhin statt.“ Zum Beispiel bei Prozessen: „Trotz neuer Gesetzesvorgaben bestehen weiter Mängel in Gerichtsverfahren: Angeklagte haben keinen Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung, und ihnen wird nicht genug Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung eingeräumt.“

Die Menschenrechtsorganisation begrüßte die Freilassung von mehr als 8.300 politischen Gefangenen, die 1987 und 1988 von der Regierung verkündet worden war, bleibt jedoch weiterhin besorgt über die Tatsache, daß bei 6.800 von ihnen weder die Namen noch Gründe für ihre Gefangenschaft jemals öffentlich gemacht wurden. amnesty nimmt ebenfalls mit Sorge Berichte zur Kenntnis, denen zufolge immer noch Tausende von Gefangenen in „Umerziehungslagern“ und Gefängnissen gehalten werden, über deren angebliche Verbrechen nichts bekannt ist. „Viele von ihnen könnten aus politischen Gründen festgehalten werden, zumal viele kein Gerichtsverfahren hatten, eine Praxis, die nicht mit den neuen Reformen in Einklang steht.“.

amnesty zufolge sind unter den derzeitigen politischen Gefangenen christliche und buddhistische Priester, Lyriker, Romanciers, Journalisten und andere, deren Aktivitäten als Gefahr für die nationale Sicherheit eingeschätzt werden. Nach Angaben des Internationalen Pen werden u.a. zur Zeit folgende Schriftsteller und Journalisten in Umerziehungslagern und Gefängnissen gefangengehalten:

Doan Qoy Sy, 1923 geboren, Schriftsteller und Universitätsdozent. Erste Haft von 1975 bis 1980, zweite Haft seit Mai 1984 im Phang Dang Luu Gefängnis.

Dong Van Kha (auch bekannt als Thich Duc Nhunan), buddhistischer Mönch, Lyriker, Essayist, Professor der buddhistischen Van-Hanh-Universität und Autor mehrerer Bücher über den Buddhismus. Verhaftet 1985; im Lager Ham Tan Z-30A festgehalten.

Le Manh That (bekannt als Thich Tri Sieu), geboren 1943, Professor für Lyrik an der Van-Hanh-Universität. Verhaftet im April 1984; festgehalten im Lager Z-30A in Xuan Loc.

Nguyen Chi Thien, geboren 1933, Dichter. Erster Arrest 1958, zweiter von 1961 bis 1964. Dritte Verhaftung im April 1979 bei dem Versuch, eine Sammlung seiner Gedichte der Britischen Botschaft in Hanoi zu überreichen. Zuerst festgehalten im Umerziehungslager von Haiphong, 1985 transferiert in das Hoa Lo Gefängnis in Hanoi. Erhielt 1985 den Internationalen Lyrikerpreis von Rotterdam.

Pham Van Thuong (bekannt als Thich Tue Sy), geboren 1943, buddhistischer Mönch, Akademiker und Schriftsteller. Im April 1984 verhaftet und zum Tode verurteilt; das Todesurteil wurde später in eine 20jährige Haftstrafe umgewandelt. Nach letzten Berichten wird er im Z-30A Lager in Xuan Loc festgehalten.

Tran Duy Hinh (Schriftstellername: Thao Truongh), Schriftsteller und Mitglied des vietnamesischen Pen. Festgehalten im Z-30 Thu Dic, Ham-Tan-Lager.

Pen International untersucht außerdem folgende Fälle:

Bui Ngoc Dung, geschäftsführender Redakteur von 'Vietnam Press‘, vermutlich 1975 verhaftet; Dang Tran Lan, früher Journalist bei 'Reuters‘, 1975 verhaftet; Le Khiem, Tageszeitungsjournalist; Dan Chu Moi undTin Sing, ebenfalls 1975 verhaftet; Phan Van Lam Binh, früher Redakteur einer kambodschanischen Zeitung, im August 1978 verhaftet, festgehalten zunächst im Chi-Hoa-Gefängnis von Hanoi, dann an einen unbekannten Ort transferiert;Tran Dai Long, Journalist bei 'Vietnam Press‘, verhaftet 1975; Tran Minh Dung, Dichter und Journalist, vermutlich verhaftet; To Huy Co, Universitätsprofessor und Schriftsteller, 1975 verhaftet und vermutlich festgehalten in XIII d-50A TD 63/5.

Index

Zugängliche Quellen und Berichte:

amnesty international: Vietnam: Renovation (doi moi), the Law and Human Rights in the 1980s, 70 Seiten, Februar 1990 (1, Easton Street, London WC1X 8DJ, U.K.)

Aurora Foundation: Violations of Human Rights in the Socialist Republic of Vietnam, April 1975-December 1988, 148 Seiten, 1989 (177 Tyron Road, Atherton, California 94027, USA)

International Pen, Writers in prison Committee: Bulletin, March 1990 (38 King Street, London WC2E 8JT, U.K.)

Asia Watch und Committee to Protect Journalists: Still Confined: Journalists in Re-education Camps and Prisons in Vietnam, April 1987, 88 Seiten (16 East 42nd Street, New York, NY 10017, USA).

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