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US-Truppen raus - Grenzschutz rein

■ Kommunen können nicht über die freiwerdenden US-Arreale in Hessen verfügen Das Bundesvermögensamt hält den Daumen drauf / Von der Airbase wollen die Amis nicht lassen

Frankfurt (taz) - Der Oberbürgermeister der Mainmetropole Frankfurt, Volker Hauff (SPD), verkündete als roter Friedensengel zuerst die frohe Botschaft: Beim Teilabzug der US-Truppen aus Hessen werden auch diverse Arreale in Frankfurt frei, auf denen dann dringend benötigte Wohnungen gebaut werden könnten. Das sei doch schließlich „ein schöner Erfolg für Volker Hauff“, betonte noch am vergangenen Donnerstag der Frankfurter SPD-Kandidat für die Bundestagswahlen, Dieter Dehm. Hauff habe die Abzugsdetails als erster offengelegt, und so den hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann (CDU) gezwungen, einen Tag später nachzuziehen - trotz der von Bonn angeordneten „amtlichen Geheimhaltung“ der Pläne.

Die US-Amerikaner specken ab, und zwar in Frankfurt, in Gießen, in Gelnhausen, in Darmstadt, in Butzbach und auch in Wiesbaden, erklärte Wallmann und sprach von einem „schönen Erfolg“ der Landesregierung, die in Washington „rechtzeitig die hessischen Positionen vertreten“ habe.

Die einzigen Wermutstropfen im Szenario: Den umstrittenen Hubschrauberflugplatz Erbenheim wollen die „Amis“ nicht aufgeben. Und auch die Rhein-Main-Airbase, von der zur Zeit die „Galaxies“ in den Nahen Osten starten, soll weiter die Transport-Drehscheibe der US-Airforce in Europa bleiben.

Der von Wallmann reklamierte „Verhandlungserfolg“ halte sich deshalb auch in Grenzen, erklärten die Grünen im hessischen Landtag. Gerade die Airbase sei wegen ihrer Lage hart am Rande des größten Zivilflughafens des Kontinents „unsinnig“ und gehöre umgehend aufgelöst. In Wiesbaden verwies ihr Fraktionsvorsitzender Joschka Fischer auf die von den permanenten Starts und Landungen der riesigen Militärmaschinen ausgehenden Gefahren für die Sicherheit der Bevölkerung.

Mit Verweisen auf die mangelnde Souveränität der Bundesrepublik könne heute die Untätigkeit von Landes- und Bundesregierung in Sachen Airbase nicht länger kaschiert werden, denn die „Zwei-plus-Vier-Gespräche“ stünden kurz vor dem Abschluß - „und dann ist Deutschland souverän“.

Der „schöne Erfolg“ wird auch deshalb geschmälert, weil die Kommunen über die dann von den US- Amerikanern verlassenen Flächen nicht frei verfügen können. Das Bundesvermögensamt hält den Daumen auf die betroffenen Arreale, denn auch der Bund sucht Standorte etwa für den Bundesgrenzschutz oder den Zoll. Man sei dabei, den Bundesbedarf zu prüfen, erklärte denn auch der Leiter des Bundesvermögensamtes, Peter Jürgen Fehling, in Frankfurt - „und Bedarf besteht eigentlich immer“.

Für die Frankfurter SPD erklärte Dieter Dehm, daß der Bund umgehend aufgefordert werden müsse, die genannten Kasernen und Flächen den Kommunen zur Verfügung zu stellen: „Hier muß preiswerter Wohnraum entstehen und nicht neues kaserniertes Elend.“

Auch Dehm drängte darauf, daß die Airbase in die Abzugspläne mit aufgenommen wird, denn auch der laufende Konflikt am Golf zementiere nicht eine Militärlogistik, in der die Frankfurter Airbase unverrückbar ihren Platz haben müsse. Vielmehr hätten „südliche Länder der Nato“ bereits angeboten, auf ihren Basen verstärkt Lande- und Startbewegungen übernehmen zu wollen. Dehm regte abschließend die Umwandlung der bisang isolierten US -Communities in Orte der multikulturellen Begegnung an.

Dehm: „Es ist mitnichten einzusehen, daß die aufgeklärten Kreise unserer Gesellschaft überall Ghettos ablehnen und multikulturelle Integration fordern, andererseits aber Ghettos für Army-Angehörige als gegeben akzeptieren.“

Klaus-Peter Klingelschmitt

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