Die Gurke des Tages: Die Post

Wir hatten sie immer in Schutz genommen. Wir waren gegen die Aufteilung und Privatisierung weiter Teile von ihr. Die Deutsche Bundespost konnte, wenn's dicke kam, stets mit der Solidarität der taz und ihrer Schreiber rechnen. Letztens hat, an dieser Stelle, ein Kollege sogar die privaten Post -Konkurrenten eingegurkt - und dabei ein Hohelied auf den Gelben Riesen gesungen.

Doch die Zuneigung bröckelt, das nette „Schreib‘ doch mal wieder“ klingt immer mehr wie Hohn in unseren Ohren. Dabei haben wir auf das herkömmliche Versenden von Briefen schon längst verzichtet. Tempo Telefax gilt. Nur manchmal, liebe Post, haben sich Menschen etwas mitzuteilen, das nicht durch diverse Hände gehen soll. Es gibt sogar Dinge, die sind geschrieben sehr viel schöner und intimer als das, was man nächtens durch die Funkstreckenverbindungen haucht.

Die müssen aber auch ankommen. Nicht unbedingt, auf einer Strecke Berlin-Hamburg, am nächsten Tag. Auch wenn die Post damit wirbt. Aber am übernächsten. Oder am überübernächsten. Oder... Nein! Mittlerweile ist die Angebetete schon so oft zum Briefkasten gerannt (und nur mit Rechnungen zurückgekommen), daß Zweifel wachsen an den nächtlichen telefonischen Beteuerungen. Und die kosten Geld. Doch damit nicht genug: Nachforschungen der (verlorengegangenen?) Sendung werden erst nach drei Wochen angestellt. Wer's schneller haben will, muß dafür blechen. Es reicht, liebe Post, daher: Wer Liebesbriefe zu langsam transportiert, verbaselt oder gänzlich verschütt gehen läßt, wird mit Gurkenglas nicht unter drei Jahren oder der sofortigen Privatisierung bestraft.

ak