Friedensfreunde in der Krise

■ Wie jedes Jahr: Bremer Friedens- und Kulturtage / Aber kaum noch Aktive

In einem sind sich die Veranstalter der diesjährigen, siebten Friedens- und Kulturtage vom 1. bis 24. Sebtember einig: Noch nie waren die Chancen für umfassende Abrüstung und Rüstungskonversion so günstig wie heute. Ansonsten schwanken die Ansichten von DGB, Arbeiter- und Angestelltenkammer, Friedensforum und Bildungssenator, was die Lage der Welt und der Friedensbewegung betrifft, zwischen Friedenseuphorie, nachdenklicher Selbstkritik und nüchterner Analyse.

„Die Friedensbewegung befindet sich in einer ernsten Krise“, räumte Christoph Butterwegge vom Sprecherkreis des Bremer Friedensforums ein. Dort wo sich früher in Aktionsgruppen 100 oder mehr Aktive bewegten, gäbe es heute nur noch ein Häufchen von höchstens zehn Standhaften. Dennoch könne er sich nicht der Meinung anschließen, daß der Friedensbewegung inzwischen die Basis fehle. Als Historiker vertrete er den Standpunkt, daß „eine Bewegung, die sich in der Talsohle befindet, trotzdem weiterexistiert und auch Einfluß hat“.

Daß die Friedensbwegung heute in viel geringerem Maße in

der Öffentlichkeit von sich reden mache, habe folgende Ursachen: Erstens sei die Hauptantriebskraft, die Angst vor einem Atomkrieg, nicht mehr in dem Maße, wie noch vor wenigen Jahren, verbreitet.

Zweitens habe sich die Friedensbewegung in der letzten Zeit mehr und mehr von der Straße in Konferenzsäle, Parteien und Ämter verlagert und drittens gäbe es einen gewaltigen Bewußtseinswandel in der Bevölkerung, was beispielsweise Unterschriftenaktionen enorm erleichtere. „Wenn ich daran denke, wie schwierig das früher war, Unterschriften für den Krefelder Apell zu sammeln. Heute stellst du dich auf den Bremer Marktplatz und sammelst ohne Probleme auch für solche ziemlich weitgesteckten Ziele, wie die völlige Entmilitarisierung der Bundesrepublik“.

Es sei ein ganz neues Kapitel angebrochen, machte auch Bildungssenator Scherf seinem Optimismus Luft. Untrennbar mit dem Begriff Frieden sei für ihn aber auch die Natur verbunden. „Wir brauchen eine Offensive für einen Frieden in diesem umfassenden Sinne und dazu sollen die verschiedenen Diskussionsveranstaltungen anregen“. Wie diese

Forderungen konkret umgesetzt werden könnten, erklärte er auch gleich. Zunächst sei die Truppenstärke der Bundeswehr radikal zu kürzen, und „noch besser fände ich eine Berufsarmee“. Frei werdende Gelder sollten vor allem für Programme zur Rüstungskonversion, zum Umweltschutz und zum Ausbau des sozialen Netzes genutzt werden.

Ganz so einfach sei die ganze Umrüstung nun aber doch nicht, gab Siegfried Schmidt, Vorsitzender des DGB-Kreis Bremen zu bedenken, und ohne gezielte Sub

ventionspolitik der Bundesregierung unmöglich. Insgesamt 20.000 Arbeitsplätze seien immerhin in Bremen direkt oder indirekt von der Rüstungsgüterproduktion abhängig. Wenn man sich hier nicht bald etwas einfallen ließe, so seine Befürchtung, würden „noch mehr Firmen als bisher sich neue Märkte für ihre Waffen suchen“. Wohin das führe sehe man ja jetzt ganz deutlich am Golf. Deshalb die Forderung des DGB: „Rüstungsexporte in andere Länder müssen generell verboten werden.“

bz