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„Ein verheerendes Politikum“

■ In der von der Bundesregierung ausgearbeiteten Präambel zum Einigungsvertrag mit der DDR bleiben die nationalsozialistischen Verbrechen unerwähnt / Initiative des Zentralrats der Juden ignoriert

Berlin (taz) - In scharfer Form kritisierte am Dienstag Heinz Galinski im Namen des Zentralrats der Juden in Deutschland und mit „ausdrücklicher Unterstützung des Jüdischen Weltkongresses“ die von der Bundesregierung ausgearbeitete Präambel zum Einigungsvertrag mit der DDR. „Die Präambel ist nicht nur eine Mißachtung der jüdischen Menschen in aller Welt, sondern eine Mißachtung aller Opfer des Faschismus“, sagte Galinski. Kern der Auseinandersetzung ist, daß entgegen wohlwollender Absichtserklärungen von Bundeskanzler Kohl und Innenminister Schäuble vom 18. Juli der Textentwurf und ein Memorandum des Zentralrats bei der Abfassung der Präambel in keinster Weise berücksichtigt wurden, die Initiative der jüdischen Gemeinden bisher nicht einmal einer Antwort würdig war. Der Zentralrat möchte, daß in der Präambel „eindeutig und verbindlich“ erklärt wird, „daß die Gründung des neuen deutschen Staates im vollen Bewußtsein der Kontinuität der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts geschieht“. Es müßte daher, heißt es in einem Schreiben an Kohl, „aus diesem Grundsatztext hervorgehen, daß die deutsche Teilung eine logische Folge der nationalsozialistischen Katastrophe war und daß im Rahmen der Vereinigung der Hypothek Rechnung getragen werden soll, mit der die deutsche Geschichte belastet wurde“. Der Zentralrat möchte deshalb den eindeutigen Hinweis auf die „Einmaligkeit der begangenen Gewalttaten zwischen 1933 bis 1945 sowie auf die Verpflichtung Gesamtdeutschlands für die Opfer des Nationalsozialismus“ in der Präambel fixiert haben. So eindeutig will sich die Bundesregierung wohl den Verpflichtungen und der Verantwortung, die sich aus den nationalsozialistischen Verbrechen ergeben, nicht stellen. Im Textentwurf der Bundesregierung ist zwar vom „Bewußtsein der Kontinuität deutscher Geschichte“ die Rede und der sich daraus ergebenden „Verantwortung für eine demokratische Entwicklung in Deutschland“, mit keinem Wort wird aber auf die Zeit des Nationalsozialismus eingegangen. Heinz Galinski hält diese Tatsache, zumal sie der Beginn eines Neuanfangs sein soll, für „ein verheerendes Politikum“. „Angesichts des Respekts, den der Mensch unabhängig von Nation und Religion den Toten schuldet, bleibt es unverständlich“, erklärte Galinski, „daß eine bleibende Absage an alle Versuche, das dunkelste Kaptitel der Geschichte verdrängen, verharmlosen und relativieren zu wollen“, von der Bundesregierung nicht erfolgt.

Anita Kugler

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