: Wasserverseuchung unter Mercedes-Werk
■ Grundwasser unter dem Mercedes-Werk in Marienfelde ist massiv verseucht / Verursacher stehen noch nicht eindeutig fest Verseuchter Boden auf dem Werksgelände wird bereits von der Firma gereinigt / Seit Mai ermittelt die Umweltkripo
Marienfelde. Das Grundwasser unter dem Mercedes-Benz -Werk in Marienfelde ist massiv mit Schadstoffen belastet. Entsprechende Angaben der Umweltinspektion der Kriminalpolizei wurden von der Senatsumweltverwaltung gestern bestätigt. In etwa elf Meter Tiefe unter dem Boden seien chlorierte Kohlenwasserstoffe sowie Mineralölkohlenwasserstoffe wie Benzol, Xylol und Toluol entdeckt worden, hieß es gestern bei der Umweltkripo. Nach einem Polizeivermerk handelt es sich um das „Vorliegen einer zum Teil massiven Grundwasserbelastung“. Darüberhinaus ist zum Teil auch der Boden auf dem Werksgelände verseucht. Die Kripo-Beamten, die seit Mai in der Angelegenheit ermitteln, wollen den Fall „in Kürze“ an die Staatsanwaltschaft weitergeben.
Über die Bodenverseuchung habe Mercedes von sich aus bereits 1988 den Senat informiert, sagte Referent Thomas Schwilling von der Senatsumweltverwaltung. Die Schadstoffe wurden nach seinen Angaben neben einer Werkstatt und rund um eine Waschanlage entdeckt, in der offenbar Autoteile gereinigt würden. Egbert Scholz von der Marienfelder Werksleitung sprach dagegen von einer „Altlast“. Mit der Waschanlage habe sie nichts zu tun, behauptete er. Die Sanierungsarbeiten seien noch im Gange. Die Schadstoffe könnten noch aus der Vorkriegszeit stammen, meinte Scholz. Das Mercedes-Werk steht hier seit 1902.
Scholz gab gleichzeitig vor, von der Grundwasservergiftung nichts zu wissen. „Das kenne ich nicht“, sagte der Mercedes -Manager. Schwilling nahm das mit Verwunderung zur Kenntnis: „Ich empfehle Mercedes, die eigenen Briefe und Gutachten zu lesen“, sagte der Senatsreferent. Der Verursacher des Grundwasserschadens sei aber noch nicht eindeutig identifiziert, räumten die Umweltverwaltung und die Kripo ein. Hohe Konzentrationen von Mineralölkohlenwasserstoffen, die „kräftig über den Sanierungswerten“ liegen, stellte die Umweltbehörde auch am nördlichen Rand des Werksgeländes fest. Auf dieser Seite ströme das Grundwasser von außen herein, sagte Schwilling. Die Behörden haben deshalb neben Mercedes-Benz auch drei weitere Firmen im Verdacht, für die Kontaminationen verantwortlich zu sein. „Es wird wahrscheinlich beides sein“, sagte der Referent. In den letzten Wochen bohrte die Umweltverwaltung auf den benachbarten Flächen einige Untersuchungsbrunnen. Unter einem Firmengelände sei man bereits fündig geworden. Die endgültigen Ergebnisse sollen aber erst in zwei bis drei Wochen vorliegen. Akute Gefahren drohen nicht. Das Werk liegt fernab von allen Westberliner Wasserwerken.
Nach einem Anruf eines Mercedes-Mitarbeiters waren gestern zwei Mitarbeiter der Senatsumweltverwaltung zu einem Kontrollgang auf dem zwischen der Daimler- und der Benzstraße gelegenen Mercedes-Gelände. Der Mercedes -Mitarbeiter behauptete gegenüber der taz, auf dem Werksgelände sei erneut Öl ins Erdreich geflossen. Nach seinen Angaben wird das Öl aus leeren Gitterboxen auf den Boden gespült, in denen ursprünglich Austauschmotoren gelagert waren. Die Abstellfläche, auf der die leeren Boxen stehen, sei zwar betoniert, es fehle jedoch ein Ölabscheider. Von dort sei kürzlich ein „richtiger kleiner Bach“ auf eine benachbarte Wiese geflossen.
Bereits vor einigen Wochen habe deshalb die Werksleitung an einer Stelle den Boden bis in etwa 40 Zentimeter Tiefe entfernt, berichtete der Werksmitarbeiter. Unmittelbar vor dem Besuch der Senatskontrolleure hätten Mercedes-Arbeiter gestern darüberhinaus den Boden der Lagerfläche mit Besen bearbeitet und von Ölflecken gereinigt.
Mercedes-Manager Scholz stritt diese Vorwürfe rundweg ab. Das sei „völlig aus der Luft gegriffen“, sagte er. Die Umweltverwaltung bestätigte dagegen nach dem gestrigen Ortstermin einen Teil der von Scholz dementierten Angaben des Werksmitarbeiters. Es gebe „theoretisch die Möglichkeit“, daß an einer Stelle Öl in eine Wiese laufen könnte, sagte Behördensprecher Thomas Rogalla. Die Gefahr sei wahrscheinlich klein, weil die leeren Gitterboxen nur gering verschmutzt seien. Um sicher zu gehen, haben die Senatskontrolleure Bodenproben genommen.
hmt
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