: Opfer als „Altfälle“
■ Niedersachsens beschlossene Regelung zur Rehabilitierung der Berufsverboteopfer ist enttäuschend
Hannover (taz) - Die niedersächsische Landesregierung hat am Dienstag die erwarteten Grundsätze zur möglichen Wiedereinstellung von niedersächsische Berufsverboteopfern in den öffentlichen Dienst beschlossen. Aus der „Rehabilitierung der Opfer der Berufsverbote“, wie sie die rot-grüne Koalitionsvereinbarung für Niedersachsen versprochen hatte, sind nun Regeln für die „rechtliche Behandlung von Altfällen“ des Radikalenerlasses geworden. So will die Landesregierung gegenüber den Gerichten versuchen, Berufsverboteverfahren gegen acht Beamte und Angestellte, die in Niedersachsen noch anhängig sind, zu beenden.
Bei einer weiteren Gruppe, den Beamten und Angestellten, die aus politischen Gründen durch rechtskräftige gerichtliche Verfahren aus dem Dienst entlassen oder degradiert worden sind, sollen „die zuständigen Ministerien prüfen“, wie diese Entscheidungen korrigiert werden können. Für diese 19 Opfer der Berufsverbotepraxis hat das Kabinett, „auch die Möglichkeit einer Gnadenentscheidung in Betracht gezogen“. Dieser Weg biete sich besonders an, wenn die Betroffenen vor ihrer Entlassung nicht mehr das Eingangsamt ihrer Beamtenlaufbahn, sondern bereits ein Beförderungsamt innegehabt hätten. Nur „die Chance erhalten, erneut einen Antrag auf Einstellung zu stellen“, soll die größte Gruppe der Berufsverboteopfer in Niedersachsen. Das sind diejenigen Bewerber, die bereits eine Stelle zugewiesen erhalten hatten, dann aber allein aus politischen Gründen in den öffentlichen Dienst nicht eingestellt worden sind. Das sind etwa 84 Personen. Damit zählt die Landesregierung nur noch diejenigen zu den Berufsverboteopfern, die vor Gericht zogen, nachdem ihre Einstellung wegen mangelnder Verfassungstreue abgelehnt worden war. Nach Auffasung des Kabinetts kommt auch Entschädigung der Berufsverboteopfer nicht in Betracht, „weil jedem Einzelfall ein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren zugrunde gelegen“ habe. Lediglich die acht Beamten, deren Verfahren noch anhängig sind, könnten in Zeiten ihrer Suspendierung einbehaltene Bezüge nachgezahlt bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen