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Mieterverein jetzt für Gesamt-Berlin

■ Vereinigter Mieterverein sieht keinen Anlaß zur Katastrophenstimmung unter den Mietern / Wohnungssuchende und räumungsbedrohte Mieter können in 40 West-Beratungsstellen Tips einholen

West-Berlin. Die „Sozialunion soll vor der Rechtsunion kommen und nicht umgekehrt“, forderte Hartmann Vetter, frischgebackener Hauptgeschäftsführer des seit heute vereinigten Mietervereins von Gesamt-Berlin gestern. Man könne in sozialer Hinsicht nicht kurzfristig in Ost-Berlin Westberliner Verhältnisse schaffen. Gleichzeitig bot der Mieterverein Magistrat und Senat seine Mithilfe beim „Projekt gemeinsamer Wohnungsmarkt“ an.

49.000 Mitglieder bringt Vetters West-Verein in die Ost -West-Vereinigung ein, 1.000 Mitglieder kommen vom vormaligen Ostberliner Mieterverein, der erst seit April existiert. Es wird aber noch der Beitritt von einigen Mieterinitiativen erwartet, so die Ostberlinerin Dr. Regine Grabowski, die gemeinsam mit dem Westberliner Edwin Massalski im Vorstand sitzt.

Allerdings bekommen die Ostberliner Mitglieder zunächst ein reduziertes Angebot: Rechtsschutz ist für sie voraussichtlich erst ab 1. Januar 1991 möglich. Dafür zahlen DDR-Bürger nur fünf DM gegenüber den 12,50 DM pro Monat, die Westler berappen. Studenten und Kleinstrentenempfänger zahlen in beiden Halbstädten jeweils die Hälfte.

Die 40 Beratungsstellen in West-Berlin stehen auch Ostberliner Mietern offen, die zudem ebenfalls die Vereinszeitschrift 'MieterMagazin‘ erhalten. In der Hauptstadt existiert bisher nur eine Beratung in der Geschäftsstelle Unter den Linden 36-38. Sie ist montags bis freitags von 15.00 bis 17.00 Uhr, am Dienstag nur bis 16.00 Uhr geöffnet.

Der Mieterverein erneuerte seine Kritik am Westberliner Senat wie auch am Ostberliner Magistrat und deren „wohnungspolitischen Crashkurs“, die Ostberliner Mieten tatsächlich, wie geplant, auf unteres Westberliner Niveau anzuheben. Mit dem Einigungsvertrag kommen noch weitere Verschlechterungen auf DDR-Mieter zu. Nach der Aufhebung der Wohnraumzuweisung dürfen private Eigentümer frei vermieten.

Der Mieterverein befürchtet zwar, daß deshalb womöglich Ostberliner Mieter - illegal - gekündigt oder aus ihren Wohnungen gedrängt werden. Trotzdem sei „Katastrophenstimmung und Panikmache“ zumindest in Berlin nicht angebracht, meinte Vetter mit einem Seitenhieb auf die Konkurrenzorganisation Berliner MieterGemeinschaft, die in den letzten Tagen vor Verdrängung und Mietwucher gewarnt hatte. „Berlin ist zu neunzig Prozent eine Mieterstadt, und dies wird auch so bleiben“, meinte Vetter. Darauf hätten die politisch Verantwortlichen immer Rücksicht nehmen müssen.

Der Einfachkeit halber legte der Co-Geschäftsführer der Ostberliner Stelle, Michael Roggenbrodt, die Antworten auf die von DDR-Mietern am häufigsten gestellten Fragen vor: Die Mietpreise seien nach wie vor preisgebunden. Vermieter, die mehr verlangten, machten sich strafbar. Ändert sich die Hausverwaltung, so braucht man deshalb keinen neuen Mietvertrag abzuschließen. Eine Kündigung ist, auch bei Eigenbedarf, nur über ein Gericht durchzusetzen.

esch

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