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Die Mineralölkonzerne halten weiter die Hand auf

■ Trotz des Preissturzes für Rohöl: In der BRD sind noch keine Benzinpreissenkungen geplant / In Großbritannien kündigte Esso gar eine neue Erhöhung an

New York/Hamburg (dpa) - Die amerikanischen Rohölpreise sind in der Nacht zum Donnerstag drastisch gefallen. Der Rohölpreis für amerikanisches Rohöl der Sorte „West Texas Intermediate“ ging um 2,18 auf 25,70 Dollar pro Barrel (159 Liter) zurück. Das war ein Rückgang von fast acht Prozent gegenüber dem Vortag. Nach einem Höchststand von 32,25 Dollar vor einer Woche ist der Ölpreis damit bereits um knapp 20 Prozent zurückgegangen.

Der starke Preisrückgang im Oktober-Rohölkontrakt an der New Yorker Warenterminbörse „Mercantile Exchange“ reflektiert die auf dem OPEC-Treffen in Wien gebilligte Aufstockung der Ölproduktion durch mehrere Mitgliedsländer des Kartells. Saudi Arabien soll seine Förderung bereits massiv auf sieben Millionen Barrel aufgestockt haben und könnte relativ rasch acht Millionen Barrel produzieren gegenüber bisher 5,2 Millionen Barrel pro Tag, hieß es in unbestätigten Berichten in New York. Venezuela kann seine Ölförderung sofort um 350.000 und bis Dezember um eine halbe Million Barrel pro Tag erhöhen. Damit könnten beide Länder den Exportausfall von 3,8 Millionen Barrel aus dem Irak und Kuwait aufgrund der UNO-Handelssanktionen fast alleine wettmachen.

Erhöhen jetzt auch kleinere Produzenten ihren Ausstoß auch die Vereinigten Arabischen Emirate wollen ihre Förderung um 500.000 Barrel täglich steigern - dann dürfte sich die Situation am Weltölmarkt nach Ansicht von Beobachtern entschärfen, so lange es nicht zu neuen Spannungen im Krisengebiet kommt. Ein weiterer Marktfaktor sind die Gespräche vom Donnerstag zwischen UNO -Generalsekretär Javier Perez de Cuellar und dem irakischen Außenminister in Jordanien.

Doch die deutschen Autofahrer müssen offenbar weiter mit den hohen Benzinpreisen leben. Während sich bereits in einer Reihe von europäischen Nachbarländern die jüngsten Preissenkungen für Rohöl in einem niedrigeren Benzinpreis niederschlagen, warten die Mineralölkonzerne in der Bundesrepublik noch ab. Das ergab eine 'dpa'-Umfrage. In Großbritannien langte „Esso“ aber nochmals kräftig zu: Die Gesellschaft kündigte am Donnerstag eine Preiserhöhung um zwei Pence (rund sechs Pfennig) je Liter an. Die Unsicherheiten auf dem Markt hielten weiter an, hieß es lapidar.

In der Bundesrepublik war am Donnerstag eine „linerare Preissenkung“ zunächst nicht geplant. „Wir sehen derzeit keine Veranlassung, eine Benzinpreissenkung in Gang zu setzten“, sagte ein Aral-Sprecher. An den internationalen Ölmärkten sei noch keine eindeutige Bewegung zu erkennen. Das Berliner Kartellamt, das ein Mißbrauchsverfahren gegen die bundesdeutschen Mineralölkonzerne eingeleitet hat, hat errechnet, daß in dieser Woche die Preise für Super-Benzin am Beschaffungsmarkt Rotterdam um 8,5 Pfennig gefallen sind, während sie im Bundesgebiet um sechs Pfennig hochgesetzt wurden.

Die Verbraucher werden von den in der Bundesdrepublik tätigen Gesellschaften auf später vertröstet. Generell werde es wieder zu eine Senkung kommen, sobald die Notierungen in Rotterdamm weiter nachgeben, hieß es.

Die Ölkonzerne bei europäischen Nachbarn sehen die Lage offensichtlich anders. So gingen zum Beispiel in den Niederlanden zum zweiten Mal in dieser Woche die Benzinpreise zurück. Am Donnerstag kündigten die selbständigen Tankstellenbesitzer eine Preisenkung bei Benzin von umgerechnet rund fünf Pfennige je Liter und bei Diesel-Kraftstoff um knapp zwei Pfennig an. Der Marktführer in den Niederlanden, die Royal Dutch Shell, hatte die Preise bereits am Mittwoch in der selben Höhe gesenkt und damit eine Signal gesetzt.

Auch die Franzosen tanken inzwischen wieder billiger. So wurde am Donnerstag die seit der Golfkrise staatlich gelenkten Benzin- und Superpreise um drei Centimes (rund 0,9 Pfennig) gesenkt. Bei Diesel wird jetzt knapp 1,5 Pfennig weniger verlangt. Die Schweizer können sich ab kommenden Freitag auf niedrigere Preise freuen. Die fünf dort tätigen Gesellschaften kündigten eine Preissenkung von um zwei Rappen (rund 2,5 Pfennig) an. Auch in Dänemark gingen die Benzinpreise bereits zurück. In Italien sollen die Preise vorerst auf dem derzeitigen Stand eingefroren werden, kündigte der staatliche Mineralölkonzern AGIP am Donnerstag an.

In Österreich ist ähnlich wie in der Bundesrepublik noch kein Abbröckeln der Preise in Sicht. Im Wiener Wirtschaftsministerium tagte am Donnerstag die staatliche Preiskommission. Der konservative Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel hat bereits die Wiedereinführung der staatlichen Preisregelung angekündigt, falls die Preise weiter steigen.

Wesentlich dramatischer ist die Sitution allerdings auf den Philippinen. Die steil in die Höhe geschossenen Rohölpreise könnten nach allgmeiner Auffassung von Fachleuten den Öl -Habenichts Philippinen gefährlich nahe an den Rand einer nationalen Krise bringen. In einer ähnlich kritischen Lage hatte der philippinische Ex-Präsident Ferdinand Marcos 1972 das Kriegsrecht verhängt.

Zudem erschüttern eine Serie von Bombenanschlägen und neue Putschgerüchte das politische Manila. Die philippinische Militärführung weist darauf hin, daß die Serie von Bombenanschlägen nach Ausbruch des Golf-Konflikts Anfang August eingesetzt hat.

Solche Spekulationen wurden zwar bisher sowohl von den Streitkräften als auch von der Regierung zurückgewiesen, aber Frau Aquino selbst schüttete mit einer Warnung an die „Feinde des Staates“ Wasser auf Manilas Gerüchtemühle: „Stellt mich nicht auf die Probe“, sagte sie.

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