: Proteste gegen Papst und Präsident
■ In der Elfenbeinküste will der Papst die größte Basilika der Welt einweihen
Abidjan (afp/taz) - Unter Einsatz von Tränengas haben Anti-Aufruhr-Einheiten der Polizei gestern in der Hauptstadt der Elfenbeinküste, Abidjan, eine Kundgebung „für wirkliche Demokratie“ aufgelöst. Rund 4.000 Menschen waren dem ersten gemeinsamen Demonstrationsaufruf der vier wichtigsten Oppositionsparteien des westafrikanischen Landes gefolgt. Die Demonstranten zogen vom Platz der Republik im Geschäftsviertel zur Johannes-Paul-II.-Kathedrale und forderten den Rücktritt des 84jährigen Staatspräsidenten Felix Houphouet-Boigny, den sie „Mörder“ und „Dieb“ nannten. Rund 300 Demonstranten flüchteten nach der Auflösung der Kundgebung vorübergehend auf das Gelände der französischen Botschaft im Zentrum Abidjans. Dort empfing der französische Botschafter Michel Dupuch Oppositionsführer, die zu der Kundgebung aufgerufen hatten und auf Anweisung der Regierung von der Polizei festgenommen werden sollten.
Die Demonstranten protestierten auch gegen den Besuch von Papst Johannes Paul II. am nächsten Sonntag. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll in Houphouet-Boignys Heimatdorf Yamoussoukro, in der afrikanischen Savanne fernab von der Hauptstadt gelegen, die „Basilika Unserer Lieben Frau des Friedens“ einweihen. Nach dem Vorbild des Petersdoms gebaut, ist sie das größte Kirchengebäude der Welt: 160 Meter ist sie hoch, 300.000 Gläubige passen auf die Marmorplaza, über dem Hauptaltar prangt ein neun Stockwerke hoher Goldbrokat -Baldachin. Unter der Kuppel will Houphouet-Boigny nach seinem Tod bestattet werden. Der Komplex der Kathedrale umfaßt darüberhinaus eine 40-Zimmer-Villa mit Swimmingpool, deren Benutzung dem Papst vorbehalten ist.
Präsident Houphouet-Boigny hat das gigantische, fast ausschließlich von Europäern fertiggestellte Projekt immer mit dem Argument verteidigt, er hätte die Baukosten von insgesamt 180 Millionen Dollar persönlich bezahlt. Überdies verwies er darauf, daß Frankreichs „Sonnenkönig“ Louis XIV. das Schloß von Versailles auch zu einem Zeitpunkt bauten ließ, zu dem die französische Landbevölkerung genauso arm war wie Afrikas Bauern heute. Für die Opposition ist dies eher ein Zeichen für den Größenwahn und Realitätsverlust ihres Präsidenten. In der mit über 14 Milliarden Dollar im Ausland verschuldeten Elfenbeinküste leben weniger als eine Million Katholiken.
D.J.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen