: Forschen in der Streusandbüchse
■ Überlegungen zur Wissenschaftslandschaft in Berlin/Brandenburg / Über die Zukunft von vier Universitäten, 30 Fachschulen sowie zwölf Instituten und 25.000 Studenten muß entschieden werden
Potsdam. In den Etagen der Wissenschaftsabteilungen von Frankfurt/Oder, Cottbus und Potsdam rauchen zur Zeit die Köpfe. Die Karten der zukünftigen Wissenschaftslandschaft werden von Abteilungsleitern und Referenten neu gemischt. Ein Konzept und eine strategische Positionierung zu Berlin und dem Bundesgebiet werden gesucht. Zu befinden ist über die Zukunft von 6.800 Wissenschaftlern und Lehrkräften an vier Universitäten, 30 Fachschulen sowie zwölf Instituten der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften mit insgesamt rund 25.000 Studenten. Bis zum 14. Oktober soll, so der Wissenschafts -Abteilungsleiter in der Potsdamer Bezirksverwaltung, Bernd Reuter (Neues Forum), der von ihm ins Leben gerufene Fach -Arbeitsausschuß „Wissenschaften“ einen Entwurf für den zukünftigen Kultusmminister ausgearbeitet haben.
In einer Art „kleinem Staatsvertrag“ zwischen Berlin und Brandenburg soll unter anderem die Verteilung der Aufgaben in Forschung und Lehre festgehalten werden. Schwerpunkte im wissenschaftlichen Großraum sollen für Potsdam die Bereiche Landwirtschaft, Lehrerausbildung und Naturwissenschaften sein. Immerhin hat die in Potsdam schon seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bestehende Pädagogische Hochschule über die Ländergrenzen hinweg jährlich rund 1.000 Absolventen.
In der Landwirtschaft sollen insbesondere die märkischen Böden erforscht werden. Ein Thema, das für die Landschaften bis zum Baltikum von zunehmender Bedeutung wird. Das Akademie-Zentralinstitut für Physik der Erde soll eine Großforschungseinrichtung werden. Enge Beziehungen bestehen bereits zum Bundesforschungsministerium. In einer „Fachhochschule Havel“ mit rund 5.000 Studenten sollen ingenieur- und agrartechnische Disziplinen sowie die Bereiche Gesundheits- und Sozialwesen bisheriger Fachschulen zusammengefaßt werden. Ein Großteil der Studenten wird hier jedoch auch zur „Nachgraduierung“ studieren. Die Forschungs und Lehrschwerpunkte Technik, Bau, Energetik und Umwelt sollen im Großraum Cottbus eingerichtet werden. Die Stadt kann immerhin 10.000 Studenten Internatsplätze auf einem modernen Campus bieten. Die Hochschule für Bauwesen hat internationales Renommee.
Keine Hochschule zu offerieren hat derweil Frankfurt/Oder, wenngleich es sich auf seine alte Universitätstradition seit dem 16. Jahrhundert beruft und jetzt Ansprüche stellt. Hier werden wohl nicht zuletzt weil es nicht sehr kostenintensiv ist - die Geisteswissenschaften ihren Schwerpunkt finden.
Hauptproblem ist jedoch die personelle und organisatorische Anpassung der Wissenschaftseinrichtungen an bundesdeutsches und internationales Niveau. Dabei kommt wenig Unterstützung aus Bonn. Im Wissenschaftsrat gibt es bereits Gemunkel, daß wohl die wenigsten Fachschulen als Fachhochschule anerkannt würden und sogar manche Hochschule eine Herabsetzung zur Fachhochschule erhalten könne. Mit der Gründung der Brandenburgischen Landesuniversität „von außen“ will man jeden Professor und Dozenten zwingen, sich wieder in Konkurrenz zu anderen einer Berufungskommission zu stellen. Zuvor müssen die in der Landesuni aufgehenden drei Potsdamer Hochschulen und die Cottbuser Bauhochschule inhaltliche Konzepte für die zukünftige Forschung und Lehre erarbeiten, sonst wird ihnen die Anerkennung als staatliche Hochschule verweigert.
dpa
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