: Die Ostsee darf weiter sterben
■ Ostseekonferenz endet mit nichtssagenden Resolutionen / Verminderung der Schadstoffe gefordert / An konkreten Maßnahmen fehlt es weiterhin / Polen darf Hilfsgelder nicht mehr selber verwalten
Aus Ronneby Reinhard Wolff
Der Ausstoß von Nährsalzen, Schwermetallen und Giftstoffen soll „so schnell wie möglich“ eingeschränkt werden. „Bestmögliche Technologien“ sollen die umweltbelastenden Industrien entschärfen. Allgemein „soll versucht werden“, bis 1995 zu einer Halbierung schädlicher Einleitungen zu kommen. Mit solchen und ähnlichen unverbindlichen und nichtssagenden Beschlüssen ist am Montag in Ronneby die zweitägige Ostseeumweltkonferenz der sieben Ostseeanrainerstaaten, Norwegens und der CSFR zu Ende gegangen. Wie das alles geschehen soll, wenn beispielsweise für die Sowjetunion nicht einmal eine Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes existiert, bleibt im Dunkeln.
Wenn schon keine konkreten Maßnahmen, so auf jeden Fall erst einmal eine neue Kommission: Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Teilnehmerländer, der EG und der Europäischen Investitionsbank soll die Verminderung der Schadstoffeinleitungen koordinieren. Außerdem soll jedes Land einen nationalen Plan vorlegen, um die Arbeit zur Sanierung der Ostsee konkret zu umreißen.
Im wesentlichen wurde in Ronneby das wiederholt und in anderen Worten neu verkleidet, was bereits vor zwei Jahren in Helsinki gefordert wurde: eine Halbierung der Schadstoffeinleitungen bis 1995. Angesichts dessen, was hierzu in einem Drittel der bislang verstrichenen Zeit geschehen ist, bedarf es nach Auffassung der in Ronneby mit Beobachterstatus vertretenen Umweltschutzgruppen keiner großen Prophetie, um vorherzusagen, daß das Ziel nicht erreicht werden wird - ganz abgesehen davon, daß eine solche Halbierung nicht ausreichend ist.
Es reiche nicht, erst „auf hoher See“ mit der Bestandsaufnahme und dem Sanierungsprogramm zu beginnen, lautet der Vorwurf der UmweltschützerInnen-Koalition „Saubere Ostsee“. Deren Sprecher Bertil Högerlund: „Alle Wasserläufe, alle Seen und Flüsse im ganzen Wassereinzugsgebiet der Ostsee müssen schon bei der Bestandsaufnahme einbezogen werden. Ein Abflußrohr verdreckt auch dann die Ostsee, wenn es 300 Kilometer von deren Ufer entfernt in einen Bach fließt.“
Die an Polen geäußerte Kritik mangelnder Kooperationsbereitschaft wurde von der Konferenz zumindest insoweit aufgenonmmen, als der polnischen Administration die Kompetenz beim Einsatz der Hilfsgelder entzogen wurde: Die Verwaltung soll nun durch die Nordische Investitionsbank erfolgen.
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